: Die Grünen planen für Gesamt-Berlin
■ AL-Delegierte beraten über Kooperation mit Bürgerrechtsgruppen/ »Bündel« oder Partei?
Berlin. In den Augen des AL-Abgeordneten Bernd Köppl geht es um eine »Überlebensfrage«, die seine Partei auf ihrer heutigen Landesdelegiertenkonferenz (LDK) verhandeln muß. Köppl denkt dabei an die Zusammenarbeit der AL mit den Bürgerrechtsgruppen aus dem Ostteil der Stadt. Die Zeit drängt, denn im Sommer 1992 stehen in ganz Berlin die Wahlen in den Stadtbezirken an. Bis dahin, so sehen es auch Köppls Parteifreunde, müsse die Zusammenarbeit stehen. Erwünschtes Ergebnis: eine gemeinsame Kandidatur in den Bezirken und ein Kommunalpolitisches Programm, das alle Gruppen aus Ost und West tragen können. Köppls geplantes Fernziel: eine gemeinsame Partei in Gesamt- Berlin.
Die AL bildet zwar bereits mit Abgeordneten von Demokratie Jetzt (DJ) und der Initiative für Frieden und Menschenrechte (IFM) die gemeinsame Parlamentsfraktion »Bündnis 90/Grüne«. Die Gruppen aus dem Ostteil sind jedoch formal bis heute selbständig, ganz zu schweigen vom Neuen Forum, das im Abgeordnetenhaus sogar eine eigene parlamentarische Gruppe bildet.
Wie eine engere Kooperation mit den Bürgerrechtlern auf den Weg gebracht werden soll, ist innerhalb der AL jedoch umstritten. Die Linken innerhalb der Partei, organisiert im Linken Forum, wollen möglichst alle Bürgergruppen miteinbeziehen, darunter auch das Neue Forum, den Unabhängigen Frauenverband (UFV) und die Vereinigte Linke (VL). Die Realos um Köppl plädieren dagegen für eine kleine Lösung. Sie sehen vor allem DJ und IFM als Partner an. Diese wollen ohnehin im Herbst zu einer Organisation fusionieren. Aus dem »Bündel 90«, wie es Spötter nennen, soll eine richtige Partei werden — auch wenn die Bürgerrechtler diesen Ausdruck als »Reizwort« scheuen.
Die Führungscrew des Neuen Forums um Bärbel Bohley, Reinhard Schult und Sebastian Pflugbeil habe oft genug gezeigt, daß sie »kein Interesse« an einer engen Zusammenarbeit habe, argumentiert Köppl. »Dies sollten wir akzeptieren«, meint der Realo, »und nicht immer wieder versuchen, uns in sinnlosen Gesprächen aufzureiben.«
Das Linke Forum sieht da das Schreckgespenst der »ökologischen Bürgerrechtspartei« aufziehen. Sie warnen, man dürfe die linken Bürgergruppen »nicht ausschließen«. Sonst, so Andreas Schulze, »kippen auch die Verhältnisse in der AL«.
Auf der LDK soll ein Formelkompromiß den Konflikt beilegen. Doch auch Ostberliner wie Arnold Krause, der als DJ-Mann in der gemeinsamen Bündnis 90/Grünen-Fraktion neben Köppl im Abgeordnetenhaus sitzt, sehen es als »unrealistisch« an, auf eine Teilnahme der NF-Linken an der neuen Bündnis-Partei oder einer Berlin-weiten Organisation zu warten.
Das bestätigt auf der anderen Seite auch Sebastian Pflugbeil vom Neuen Forum. Eine gemeinsame Liste zu den 92er-Wahlen sei zwar denkbar, nicht aber eine gemeinsame Organisation. In Pflugbeils Augen ist es gar eine »ziemlich perverse Überlegung«, sich von einem Wahltermin und der Sorge um die Wiederwahl beeinflussen zu lassen. Mit einer derartigen Parlamentsfixierung habe man schon »ein Bein in der Häckselmaschine«.
Viele Mitglieder des Neuen Forums, darunter ganze Bezirksverbände wie Pankow oder Weißensee, sehen das freilich anders. Sie wollen im Herbst der neuen Partei »Bündnis 90« beitreten. hmt
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