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CDU will Volk nicht nach Regierungssitz fragen

Berlin/Bonn (dpa/taz) — Die CDU will das Volk nicht abstimmen lassen, von wo aus es regiert werden möchte. Entgegen der Forderung des SPD-Parteitags nach einer Volksabstimmung sprach sich der CDU-Vorstand einstimmig gegen eine entsprechende Verfassungsänderung aus. Auch FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff wandte sich gegen ein Referendum für Bonn oder Berlin. Bundespräsident Richard von Weizsäcker ist nach Angaben vom 'Spiegel‘ hingegen dafür, den künftigen Parlamentssitz in einer Volksabstimmung klären zu lassen. Die Bürger hätten in der Frage des Regierungssitzes die Chance zu einer wirklichen Entscheidung für Bonn oder Berlin. Die mit der Festlegung der Entscheidung über den Regierungssitz im Einigungsvertrag verbunden Schwierigkeit könnte nach seiner Ansicht mit einer Verfassungsänderung überwunden werden. Der Sprecher des Präsidialamtes, Hans Henning Horstmann, erklärte gestern allerdings, von Weizsäcker habe sich nicht zur Frage des Volksentscheids geäußert.

Die CDU-Spitze will nach Auskunft ihres Generalsekretärs Volker Rühe, daß der Bundestag am 20. Juni wie geplant über den Regierungssitz entscheidet. Die Unionsführung forderte die SPD auf, sich um eine Konsenslösung zu bemühen. Das könnte beim Treffen der Verfassungsorgane zur Regierungssitzfrage an diesem Dienstag in Bonn geschehen, sagte Rühe. Unter Hinweis auf die Einstimmenmehrheit für Bonn beim SPD-Parteitag in Bremen nannte es Rühe „fatal“, wenn im Bundestag nur eine knappe Mehrheit zustandekomme.

Eine Volksabstimmung über den Regierungssitz würde, wie Lambsdorff der 'Welt am Sonntag‘ sagte, Probleme aufwerfen. Wegen des zeitraubenden Verfahrens einer Verfassungsänderung könne die Entscheidung kaum vor dem nächsten Jahr fallen. Die FDP-Nachwuchsorganisation Junge Liberale forderte am Samstag einen Volksentscheid über den Regierungssitz. Die Jungen Liberalen sprachen sich mit Mehrheit für Bonn als künftigen Regierungsssitz aus.

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