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Plattenwüste statt Dorf

■ Das ehemalige Örtchen Hellersdorf ist eine Trabantenstadt, in der die Menschen verloren sind

Hellersdorf war mal ein Dorf, gegründet im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts. Heute hat der Berliner Bezirk über 120.000 EinwohnerInnen. Er ist fast so groß wie Heidelberg, doch sein Herz hier zu verlieren, fällt schwer.

Das neue Hellersdorf ist extrem jung — im doppelten Sinne. Es wurde 1986 aus dem Boden gestampft, eine Plattenwüste von meist sechsgeschossigen Häusern. Es ist Schlaf- und Wohnstadt, mit einer Infrastruktur, die diesen Namen nicht vedient: keine Kinos, kein Theater, keine Disco, anderthalb Sportplätze, Kneipen fast nur in den verstreuten „Dienstleistungswürfeln“, in denen man auch die Kaufhalle findet.

70.000 Menschen in Hellersdorf sind unter dreißig: es gibt 19.590 Kinder unter sechs, 17.904 zwischen sechs und fünfzehn, 2.852 Jugendliche zwischen 15 und 18 und 1.919 zwischen 18 und 20. Alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen dürfen sich in genau sieben Freizeiteinrichtungen des Bezirksamts vergnügen. Hellersdorf steht mit diesen Angeboten mit zwei weiteren Berliner Bezirken am schlechtesten da. Früher war das Dorf bevorzugter Wohnort für Angehörige der mittleren Kader, der Nationalen Volksarmee und der Stasi.

Dementsprechend hoch ist heute die Arbeitslosigkeit. Bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus im Dezember 1990 wurde die SPD stärkste Partei mit 32,4 Prozent, dicht gefolgt von der PDS mit 31,4 Prozent.

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