: Moderne Witzbolde
Zwei Tage nach dem Absturz der Maschine der österreichischen Lauda Air versuchte ein thailändischer Rechtsanwalt auf dem Honkonger Airport witzig zu sein. Den Sicherheitsleuten am Flughafen, die gerade dabei waren, seine Aktentasche zu durchleuchten, erklärte Charnchai Hemvititum, bei dem verdächtig aussehenden Klumpen handele es sich um eine Plastikbombe. Nach der mittelschweren Panik stellte sich heraus, daß der vermeintliche Sprengsatz lediglich eine Chemikalie zur Desinfektion von Wasser war. Der Witzbold wurde verhaftet. Die Richter fanden die ganze Angelegenheit überhaupt nicht lustig. Sie verurteilten den Thailänder wegen Irreführung der Behörden zu einer einjährigen Haftstrafe. Die Beteuerungen des Angeklagten, er habe doch nur einen kleinen Scherz machen wollen, beeindruckten das Gericht nicht.
In Augsburg legt ein cleverer Simulant seit Monaten einen Teil des Rettungsdienstes lahm. Mehr als 200mal hat der 71jährige Rentner einen Krankenwagen rufen lassen, um sich von ihm kostenlos nach Hause bringen zu lassen. Dort geht es Opa dann plötzlich wieder besser. Die Hilfsorganisationen des Roten Kreuzes, des Malteser-Hilfsdienstes und der Johanniter-Unfallhilfe haben bisher keine Handhabe gefunden, um sich den eingebildeten Kranken vom Leib zu halten. „Mir ist schlecht, rufen sie bitte einen Krankenwagen“, mit diesen mitleidheischenden Worten spricht der Rentner erschrockene Passanten auf der Straße an oder das Personal in Kaufhäusern und auf Ämtern. So zwischen zehn und 20 solcher Notrufe treffen wöchentlich in der Rettungsleitstelle der Stadt ein. Inzwischen hat der Mann auch manchmal Pech. Als ein Sanitäter den altbekannten Namen hörte, winkte er gleich ab. Zwei weitere Versuche des Simulanten an diesem Tag schlugen ebenfalls fehl. Auch für die Polizeidirektion ist der Rentner kein Unbekannter, fuhren doch Streifenbeamte den Opa schon wiederholt nach Hause. Seine Masche hat sich inzwischen in Augsburg herumgesprochen. „Aber so weit auf die Spitze getrieben hat das noch keiner“, erklärt Josef Huber, Leiter der Rettungsleitstelle.
Weil die Krankenwagen mit Blaulicht und Tatütata ihren Taxidienst erledigen, prüft die Polizei derzeit, ob ein strafbarer Mißbrauch vorliegt. Für jeden dieser Einsätze verlangen die Rettungsdienste 100 Mark, die jedoch bisher von der Krankenkasse des Rentners anstandslos bezahlt wurden. Karl Wegmann
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