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SPD streitet mit Treuhand ums Erbe

■ Treuhand bezweifelt SPD-Ansprüche an Ex-SED-Zeitungen/ Mitte Juni verhandelt Berliner Landesgericht

Berlin (taz) — Heute setzt sich eine Expertengruppe der Treuhandanstalt mit Vertretern der SPD in Berlin zusammen, um über die Eigentumsansprüche der Partei an sieben Regionalzeitungen der Ex-DDR zu beraten. Obwohl die Treuhand Mitte April beschlossen hatte, in konkrete Verkaufsverhandlungen über zehn ehemalige SED-Bezirkszeitungen zu treten, verhindert zur Zeit eine einstweilige Anordnung des Berliner Verwaltungsgerichts auf Antrag der SPD in sieben Fällen den Abschluß der Privatisierung.

SPD-Schatzmeister Hans-Ulrich Klose beharrt darauf, daß die SPD aus der Zeit vor 1933 Besitzansprüche an den Regionalzeitungen in Magdeburg, Schwerin, Cottbus, Potsdam, Leipzig, Dresden und Rostock geltend machen kann und folglich die Treuhand nicht befugt sei, über die Zeitungen zu verfügen. Das Vermögensgesetz und die Regelung über den Vorrang von Investition vor Restitution sei nicht anwendbar, da es hier um den Sonderfall Parteivermögen gehe. Die Treuhandanstalt wiederum hält den Besitzanspruch der Sozialdemokraten für nicht erwiesen. In einer Untersuchung über die Eigentumsverhältnisse bei der vor 1933 existierenden 'Leipziger Volkszeitung‘ zum Beispiel heißt es, daß auch damals in der Regel die Parteiorganisation gerichtlich nicht als Eigentümer anerkannt wurde, sondern die als Gesellschafter eingetragenen Personen.

Über die einstweilige Anordnung wird das Berliner Landgericht frühestens Mitte Juni verhandeln. Mittlerweile versucht die SPD, sich über Verwaltungsverfahren bei den „Landesämtern für offene Vermögensfragen“ einen Zugriff auf die Zeitungen zu sichern. Aber auch die betroffenen Verlage sind nicht untätig. Der Heinrich-Bauer-Verlag hat seinerseits beim Landesamt für Vermögensfragen in Halle eine Eingabe gegen die SPD-Ansprüche an der 'Magdeburger Volksstimme‘ gemacht und Unterlagen vorgelegt, die die historischen Argumente der SPD entkräften sollen.

Sollte es dennoch zu einer Entscheidung zugunsten der SPD kommen, will der Verlag auf keinen Fall mit den Sozialdemokraten kooperieren. Ähnliches gelte, so Verlagssprecher Roman Köster, „auch für andere Verlage“, die angebliche SPD-Zeitungen übernehmen wollen. Dazu erklärte ein Mitarbeiter Kloses, die SPD habe mit einigen Verlagen bereits Kooperationsvereinbarungen für den Fall getroffen, daß sie zum Zuge komme. Darunter seien aber auch Interessenten, die von der Treuhand nicht bedacht worden sind. Im Fall der Potsdamer 'Märkischen Allgemeinen‘, so SPD- Rechtsanwalt Helmut Neumann, liege ein fertiges Investitionskonzept vor. Allerdings wolle sich die SPD aus der Geschäftsführung heraushalten und keine neuen Parteizeitungen anstreben. Barbara Geier

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