VW bestellt, Mercedes gekauft

■ Bürgerschaft debattiert Kongreßzentrum / Kunick „gesteht Fehler, Beckmeyer ist stolz

„Der Senat hat zweifellos Fehler gemacht, aber mehr als einmal entschuldige ich mich nicht dafür.“ Bausenator Konrad Kunick mußte gestern in der Bürgerschaft wieder einmal den unangenehmen Part spielen, als es darum ging, über den Bericht des Rechnungshofes zur Kostenexplosion beim Kongreßzentrum zu diskutieren. Der Bau, ursprünglich für 50 Millionen geplant, wird nun knapp das Doppelte kosten. Und schon bevor der Rechnungshof die Details der Verteuerung recherchieren konnte, hatte sich Kunick im Februar letzten Jahres bei der Bürgerschaft entschuldigt. Der Grund: Das doppelt so teure Kongreßzentrum war an der Bürgerschaft vorbei geplant worden.

Auf der soliden Grundlage des Rechnungshofberichtes mißbilligte die gesamte Opposition gestern vier Mitglieder des Senats, die ehemals zuständige Eva-Maria Lemke-Schulte, Konrad Kunick, Wirtschaftssenator Uwe Beckmeyer und Bürgermeister Klaus Wedemeier, der für die mangelhafte Arbeitsteilung zwischen Bau- und Wirtschaftsressort verantwortlich sei. Mit so scharfer parlamentarischer Munition mochte die SPD-Fraktion nicht gegen ihre Senatoren schießen. Der SPD-Fraktionsvize Carl Heinz Schmurr bezeichnete es zwar als „Fehler“, daß das Kongreßzentrum auf Grundlage einer mangelhaften Kalkulation beschlossen worden sei, ihm reichte allerdings die Entschuldigung, die Kunick vor gut einem Jahr abgegeben hatte: „Dafür bin ich ihm dankbar.“

Eine Aussage, die CDU-Faktionsvize Reinhard Metz zum Rednerpult trieb: „Hier darf man die Unwahrheit sagen, es wird allerdings erwartet, daß der Senat sich anschließend enschuldigt“, karikierte er die „kümmerliche Haltung“ der SPD-Fraktion. Der Senat sei mit Projekten dieser Größenordnung überfordert, und habe eine „Lügen- und Verwirrungsfaden“ geknüpft, um das Parlament zu täuschen.

Der Grüne Paul Tiefenbach vermißte in der Stellungnahme des Senats zum Rechnungshofbericht eine Begründung, „warum auf Grundlage politischer Beschlüsse, ein Kongreßzentrum für 50 Millionen zu bauen, ein Zentrum für 100 Millionen gebaut wird.“ Die ursprünglich beauftragten Architekten, hatten immer wieder darauf hingewiesen, daß die hohen Ansprüche an die Qualität des Baus nicht mit dem zur Verfügung stehenden Geld erreicht werden könnten. Darauf war der Senat aber nicht zu den zuständigen parlamentarischen Gremien gegangen, um mehr Geld zu beantragen, sondern hatte die Architekten kurzerhand gefeuert und mit 900.00 Mark abgefunden. Für Tiefenbach ist dies ein Zeichen für „Inkompetenz oder politische Täuschung.“

Ähnlich FDP-Fraktionschef Claus Jäger, der von einer „schizophrenen Beschlußlage“ sprach. „Ein Mercedes ist für den Preis eines VW nicht zu haben.“ Der Senat habe die Wahrheit gescheut, weil er sich vor der SPD- Parteibasis gefürchtet habe.

Mit sich, der Welt und dem Kongreßzentrum so richtig zufrieden, war in der Debatte nur Wirtschaftssenator Uwe Beckmeyer: „Überzeugende Lösung“, „richtige Sachentscheidung“, „Bürgerweide als wirtschaftliches Kerngebiet“, die Betreibergesellschaft Maritim als „regionalpolitischen Glücksfall“, da fand Selbstkritik nur in der Formulierung statt, daß „ein versteckter Dissens zwischen den Beteiligten nicht auszuschließen ist“. Für die erzürnte Opposition hatte Beckmeyer einen Veranstaltungstip und eine Einladung: Zum Richtfest für den Prunkbau am 23. August. hbk