: CSU-Stadträte als Überraschungsgäste
Münchener Grüne kritisieren Schnüffelaktion der Christsozialen in Selbsthilfeprojekten ■ Aus München Karin Mayer
Eine Besuchsaktion der CSU bei Münchener Selbsthilfeprojekten grenzte an Peinlichkeit. „Die Christlich-Sozialen haben keinerlei konstruktive Beiträge zur Stadtpolitik“, sagte Hep Monatzeder, Grünen- Stadtrat, „jetzt versuchen sie Themen aufzugreifen, die man emotional hochspielen kann.“ Aus insgesamt 800 Einrichtungen, in denen sich rund 15.000 MünchnerInnen aktiv engagieren, habe sich die CSU vorwiegend Projekte herausgepickt, die Frauen, der Dritten Welt und Schwulen zugute kommen. Projekte also, die der CSU ihrer Natur nach ohnehin mißfallen.
Der Stein des Anstoßes: Die Rathaus-CSU hatte rund 40 Selbsthilfeprojekte unangemeldet besucht, um deren Arbeit zu überprüfen. Nach Darstellung der Projekte waren die StadträtInnen bei den Besuchen nur mangelhaft vorbereitet. In zwei Einrichtungen seien die Stadträte zu Tageszeiten angerückt, in denen gar keine Veranstaltungen angeboten waren. Im Notruf für vergewaltige Frauen ließen sich die Überraschungsgäste nur mit Mühe davon abhalten, in ein Beratungsgespräch einzudringen. Der CSU-Fraktionsvorsitzende Gerhard Bletschacher findet, es sei Aufgabe der Stadträte, zu kontrollieren, was mit Steuergeldern geschehe. Die Eindrücke einzelner wurden dann auf einer Pressekonferenz vorgetragen. Oberbürgermeister Georg Kronawitter hat inzwischen das städtische Revisionsamt beauftragt, die Förderung der Selbsthilfeprojekte nochmals zu überprüfen. Sozialreferent Hans Stützle (CSU) interpretierte die Kontrollaktion seiner Partei keineswegs als Vertrauensbruch. Er selbst habe die Aktion begrüßt, weil sein Amt nicht die Kapazitäten habe, um einzelne Gruppen zu besuchen. Das Münchener Selbsthilfezentrum protestierte allerdings gegen die „denunziatorische Schnüffelpraxis der CSU-Stadtratsfraktion“. Die Partei habe keinen Versuch unternommen, sich seriös über die Projekte zu informieren. Die Protokolle der „schwarzen Detektive“ seien gespickt mit Vermutungen und Verdächtigungen. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Hanna Wolf vermutet, daß die Münchener CSU zu einem Freizeitverein von Hilfssheriffs verkomme.
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