: BAW stellt sich dumm
■ Brisanter Brief des nordrhein-westfälischen Justizministers Krumsiek über RAF-Gefangene ist nur „angeblich ein Brief“/ Panorama-Chef Wagner: Von Erpressung kann keine Rede sein
Düsseldorf (taz) — Der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Förster, hat der Darstellung in der gestrigen taz über das Zustandekommen des Panorama-Interviews mit Generalbundesanwalt Alexander von Stahl über die sogenannten Kassiberfunde bei inhaftierten RAF-Mitgliedern heftig widersprochen. Es sei „absoluter Quatsch“ zu behaupten, daß von Stahl von Panorama erpreßt worden sei. In diesem Sinne äußerte sich auch Panorama-Chef Joachim Wagner. Wer das behaupte, sage „die Unwahrheit“. Tatsächlich existiert im Bonner Justizministerium ein Vermerk vom 8. Mai, angefertigt von dem beamteten Staatssekretär Ingo Kober, in dem der Vorgang in dem berichteten Sinne bestätigt wird. Demnach hat von Stahl dem Interview-Wunsch des Hamburger Fernsehmagazins nur deshalb nachgegeben, um die Veröffentlichung einer für die Sicherheitsbehörden viel brisanteren Information zu verhindern. Dabei handelt es sich um einen Brief des nordrhein-westfälischen Justizministers Krumsiek an Ministerpräsident Johannes Rau, in dem über die Kassiberfunde bei RAF-Gefangenen berichtet wird. Dieser Brief liegt der Panorama-Redaktion vor.
Zu der entscheidenen Frage, ob der Generalbundesanwalt mit seinem Interview die Veröffentlichung dieses Briefes habe verhindern wollen, schwieg sich BAW-Sprecher Förster am Mittwoch aus: „Zu einem angeblichen Brief werde ich mich nicht äußern.“ Eine mehr als flaue Reaktion, denn daß der Krumsiek- Brief existiert, weiß auch Förster. In dem Kober-Vermerk ist davon die Rede, daß der Panorama-Chef von Stahl mit dem Krumsiek-Brief unter Druck gesetzt habe und als Gegenleistung dem Generalbundesanwalt garantiert habe, über den Brief, der für die Ermittlungsbehörden brisante Details zu dem Komplex der Anwälte enthalten soll, nichts zu berichten.
Dafür, so von Stahl gegenüber dem Bonner Justizministerium laut Kober-Vermerk, habe Panorama- Chef Wagner das sogenannte Haule- Papier bekommen. Zu diesem Vorgang wollte sich Wagner gegenüber der taz nicht äußern: „Die Panorama-Redaktion gibt grundsätzlich und auch in diesem Fall keine Auskunft über Einzelheiten des Rechercheprozesses. Wir fühlen uns an die mit der Bundesanwaltschaft verabredete Vertraulichkeit des Gespräches gebunden, und wir sind überrascht, daß offenbar diese Vertraulichkeit von der anderen Seite nicht eingehalten worden ist.“ Die Äußerungen des Bundesanwaltes von Stahl über die Kassiberfunde ist in der Öffentlichkeit zum Teil auf heftige Kritik gestoßen. So befürchtet der Chef des Hamburger Verfassungsschutzes, Lochte (CDU), daß durch diese Diskussion das „Kampfthema Isolationshaft“ neuen Zulauf bekommt. Walter Jakobs
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