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Ausnahmezustand in Algerien

■ Nach schweren Unruhen zwischen Islamischer Heilsfront und Polizei entließ Präsident Bendjedid die Regierung und verschob die Wahlen auf unbestimmte Zeit/ Auch gestern wurde noch geschossen

Algier/Berlin (dpa/taz) — In Algiers Straßen stehen Panzer. Zwölf Tage vor dem Termin für die ersten freien Wahlen in Algerien hat Präsident Schatli Bendjedid den Ausnahmezustand verkündet, die Regierung entlassen und den Wahltermin auf unbestimmte Zeit veschoben. In der Nacht zum Mittwoch war es in Algier zu schweren Straßenkämpfen zwischen der Islamischen Heilsfront (FIS) und der Polizei gekomen. Anhänger der FIS waren mit Eisenstangen, Molotowcocktails und Steinen auf die Polizei losgegangen und hatten versucht, Regierungsgebäude in Brand zu stecken. Auch am Mittwoch waren in Algier noch Schüsse zu hören. Nach inoffiziellen Angaben wurden mindestens sechs Menschen getötet. In Krankenhäusern wurden mindestens 40 Verletzte gezählt. Die FIS fordert den Rücktritt der Regierung und des Präsidenten.

Seit zehn Tagen hatte es in Algier Demonstrationen gegeben. Gestern herrschte in Algier fast überall Friedhofsruhe. Alle Geschäfte mit Ausnahme der Bäckereien waren geschlossen. Auf den Straßen rauchten die Wracks ausgebrannter Polizei- und Privatautos. Rundfunk und Fernsehen sendeten unablässig die Proklamation des Präsidenten.

Am Abend schien sich die Stimmung in Algier etwas zu entspannen. Die Führung der FIS rief ihre Anhänger auf, nicht mehr auf die Straße zu gehen. Präsident Bendjedid hatte schon am Mittwoch erklärt, er wolle sich mit den Führern der anderen Oppositionsparteien über eine neue Regierung unterhalten. „Der demokratische Prozeß“ würde durch die Demonstrationen nicht unterbrochen. Tagesthema SEITE 3

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