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Standbild: Totalitätärätätä

■ Rudolf Mühlfenzl auf der "Veranda", ARD, Mittwoch 23.05 Uhr

Die Sendung begann mit einer Bildstörung, schwarze Scheibe. Hatten die letzten öffentlich Aufrechten beschlossen, den Chefabwickler des DDR-Rundfunks, ihren Haupt- und Anstaltsfeind, nicht in den Äther zu lassen? Die Hoffnung, sie währte nicht lange. Talkshow ist, wenn Dagobert Lindlau im Freischwinger nuschelt. Diesmal hatte er auf seinem Altenteil den Rundfunkbeauftragten der Bundesregierung, Rudolf Mühlfenzl (CSU), zu Gast. Aus aktuellem Anlaß. Mühlfenzl steht der „Einrichtung“ vor, wie die Reste des DDR-Rundfunks laut Einigungsvertrag genannt werden — und benimmt sich auch so.

Erst kürzlich feuerte er den stellvertretenden Intendanten des Funkhauses Berlin, Jörg Hildebrandt (SPD), weil dieser öffentlich das industrienahe „Umschulungsprogramm“ des Mühlfenzl-Freundes und Philip-Morris-PR-Managers Ferdi Breidbach (CSU) kritisiert hatte.

Genug Stoff also für ein Tribunal gegen den selbstgerechten Technokraten Mühlfenzl. Als säuerlicher Ankläger mühte sich der SPD-Mann Freimut Duve (Wessi). Die Darstellung der authentischen Opferrollen übernahmen die TV-Journalistin Bärbel Romanowsky und der Publizist Christoph Dieckmann (Ossis). Nur selten gelang es den beiden, den ungerührten, dienstplanmäßigen Worthülsenaustausch der Anzug- und Meinungsträger zu unterbrechen, höflich wie es sich für den gelernten DDR-Bürger gehört. Mühlfenzl, der kühle Wüterich im Auftrag von Partei und Privatfunk, sprach ständig von „meiner Einrichtung“, als ginge es um seine heimische Schrankwand, sprach von „Redaktionseinheiten“, „Fürsorgepflicht“ und dem „nötigen Maß an Ordnung“. Er malte Schreckensbilder vom alles erfassenden DDR-Staat: Totalitätärätä.

Duve gab sich pathetisch, als unschuldiger Anwalt der Ossis. Der Beauftragte sei fehl am Platz, weil die Menschen der Revolution schon selbst in den Funkhäusern aufgeräumt hätten: „Herr Mühlfenzl, wer zu spät kommt, der bestraft die Lebendigen.“ Romanowski, Leiterin des DFF-Frauenmagazins Ungeschminkt, lobte die neue Freiheit und wollte lieber über ihre tägliche Arbeit reden, an der „Werkbank“. Einzig ihr Ost-Kollege Dieckmann brachte die Sache auf den Begriff. Mühlfenzls Abwicklung zeige nur das „Grundübel des Westens“. Der nämlich behandele die Zusammenlegung zweier Staaten als „technischen Vorgang“. An Mühlfenzl richtete Dieckmann die trefflichste Frage des Abends: „Was wäre aus Ihnen geworden, wenn sie aus dem Tunnel der Nazi-Zeit heraus nicht in München, sondern in Karl-Marx-Stadt gelandet wären?“ Journalist, antwortete Mühlfenzl brav. Ein Journalist, der mindestens so hoch gekommen wäre, daß der jetzt gefeuerte Vize-Intendant Hildebrandt ihn schon längst hätte entlassen müssen. Hans-Hermann Kotte

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