: Deutsch-amerikanische Männerduelle
■ Beim „Roland Garros“-Turnier in Paris findet heute das Halbfinale der Herren statt
Paris (taz) — „Die neue Mütze bekam ich kurz vor Turnierbeginn“, sagte Jim Courier dem Fernsehmoderator und strahlte. Der noch 19jährige und damit drittjüngste Spieler des Turniers hatte gerade den Schweden Stefan Edberg mit 6:4, 2:6, 6:3 und 6:4 aus dem Titelrennen um die French Open geworfen. Nun spielt er im Halbfinale gegen einen weiteren Tennis-Crack, auf den die Buchmacher vorher kaum setzten: Michael Stich hat erstmals ein Grand-Slam-Semifinale erreicht.
Davis-Cup-Atmosphäre könnte aufkommen, wenn die beiden Deutschen Becker und Stich gegen die US- Amerikaner Agassi und Courier auf den Platz müssen. Die Höhenflüge des Bolletieri-Schülers Courier kommen nicht unerwartet: Bereits 1989 schlug er Edberg in Basel, in dieser Saison gewann er die Turniere in Indian Wells und Key Biscaine. Den sportlichen folgten prompt die pekuniären Freuden: In der ATP-Geldrangliste liegt Jim Courier in dieser Saison hinter Ivan Lendl und Stefan Edberg auf Platz drei.
Gecoacht wird der Amerikaner seit einem Jahr vom ehemaligen spanischen Sandplatz-Spezialisten José Higueras, von dem er sagt: „Er hat mir nicht nur beigebracht, auf den Ball einzuschlagen, sondern auch Tennis zu spielen.“ Nebenbei macht der Rotblonde Musik. Nach Paris hat er seine Gitarre mitgebracht, um die raren Mußestunden musisch zu nutzen. „Courier ist ein starker Grundlinien-Spieler, gegen ihn wird es viel schwerer“, weiß Michael Stich. Aber auch er präsentierte sich dem französischen Fernsehvolk angriffslustig und selbstbewußt. „Warum“, so orakelte der lange Schlaks, „warum soll es nicht auch einmal ein deutsch- deutsches Finale in Paris geben.“ Gerade in seinen kritischen Begegnungen hat sich Stich cooler und abgebrühter gezeigt als in der Vergangenheit.
„Buhm-Buhm“, wie die Franzosen Boris Becker nennen, steht zweifellos gegen Andre Agassi vor einer hohen Hürde, die ihn im Falle des Überspringens wieder zur Nummer eins des Welttennis machen würde. Die Experten gestehen dem Amerikaner inzwischen mehr Reife zu — trotz des nach wie vor für die Puristen des weißen Sports schockierend bunten Outfits.
Wer übrigens jetzt noch Billets für die Final-Spiele kaufen will, sei gewarnt. Die Tickets werden teurer und teurer. Eine Preisexplosion von 80 auf 500 Mark in zwei Tagen — bei „Roland Garros“ kein Problem. André L'Heureux
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