: Paragraph 218: CDU will Zwangsberatung
■ Kompromißpapier der CDU sieht weiterhin Zwangsberatung und restriktive Abtreibungsregelung vor
Köln/Bonn (dpa/afp/taz) — In der Kontroverse um die Änderung des Abtreibungsparagraphen 218 ist bei den CDU/CSU-Parlamentarierinnen eine Vorentscheidung gefallen. Für Ganzdeutschland solle es danach künftig eine Indikationslösung mit Beratungspflicht geben. Wie die CDU-Politikerin und Vorsitzende der Parteikommission „Schutz des ungeborenen Lebens“ gestern mitteilte, solle ein Schwangerschaftsabbruch aus medizinischen Gründen sowie in einer psychosozialen Konfliktsituation möglich sein. Dabei sollen sich Schwangere und Arzt die Verantwortung teilen.
Nach einer umfassenden Beratung über Hilfen und einer anschließend dreitägigen Bedenkzeit solle die Frau mit einem speziell ausgebildeteten Arzt ihre persönliche Situation und Konfliktlage beraten und dann gemeinsam mit dem Arzt die Indikation feststellen. Im internen CDU-Streit hatten unter anderem Bundestagspräsidentin Süssmuth und Frauenministerin Merkel dafür plädiert, die letzte Entscheidung über eine Abtreibung der Frau zu überlassen. Die Frau soll nach CDU- Vorstellung grundsätzlich dann straffrei bleiben, wenn eine Beratung stattgefunden hat und der Eingriff von einem Facharzt vorgenommen wurde. Zu den Vorschlägen gehören ferner ein Paket sozialer Hilfen von mehreren Milliarden DM sowie die Übernahme ärztlich verordneter Verhütungsmittel.
Noch gäbe es aber keine einheitliche Meinung in der Union über den Paragraphen 218, betonte Bundestagspräsidentin Süssmuth. Erst müsse der CDU-Bundesvorstand das Papier erörtern. Familienministerin Rönsch zeigte sich über den Kompromiß gestern hoch zufrieden. Sie äußerte die Hoffnung, daß Angehörige anderer Fraktionen diesem Vorschlag ebenfalls zustimmen könnten. SPD und FDP signalisierten aber bereits das Gegenteil.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Baum erklärte, der Vorschlag sei keine Basis für eine Einigung. Die letzte Entscheidung müsse der Frau selbst überlassen bleiben. Die FDP plädiert für eine modifizierte Fristenlösung mit obligatorischer Beratung und hatte damit für eine Zerreißprobe innerhalb der Regierungskoalition gesorgt. Ablehnung kam ebenfalls von der SPD-Vorstandssprecherin Sonntag: „Was die nun erfolgte Einigung über eine Indikationsregelung vorsieht, spricht dem Anspruch der Frauen auf Selbstbestimmung Hohn.“ Die SPD bleibe bei ihrer Forderung nach Fristenlösung mit dem Anspruch auf freiwillige, umfassende Beratung. Bei der Vorlage des Kompromißpapieres erneuerte die Vorsitzende der CDU/ CSU-Frauengruppe, Ursula Männle, noch einmal die restriktive Grundhaltung: Abtreibung sei Tötung von Leben. Staat und Gesellschaft seien verpflichtet, das ungeborene Leben zu schützen.
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