: Weser: „Nichts für Säuglinge“
■ Gesundheitsressort wirft Michael Schirmer unkritische Haltung vor
Der Weserwassererforscher Michael Schirmer hatte in der taz (s. Samstag, 1.6.1991) für die Weser als Badefluß plädiert. Der zuständige Ressortleiter der Gesundheitssenatorin, Dr. Matthias Gruhl, nennt das „eine seltsame Einstellung“. Gruhl wundert sich, „daß ein kritischer Wissenschaftler die Vorsorge ganz vergißt.“ Gestützt auf eine jahrelange Meßreihe sei vor zwei Jahren ein Badeverbot ausgesprochen worden. Vor allem die bakteriellen Daten hätten immer wieder die EG-Grenzwerte überschritten. Gesunde, durchtrainierte Menschen könnten bei einem Bad zwar keinen Schaden nehmen, meint Gruhl. Seine Behörde müsse allerdings auch für einen „immungeschwächten Säugling“ Vorsorge treffen.
Das Baden beim Cafe Sand findet Gruhl bedenklich, weil gegenüber der Notüberlauf mündet, durch den bei Überlastung des Kanals das ungeklärte Abwasser in die Weser fließt. Gewässergütemessungen werden nur noch in Hemelingen durchgeführt.
Laut Gruhl wird auch in Niedersachsen das Baden in der Weser künftig verboten sein. „Das stimmt so nicht“, sagt Frank Raulf von der Abteilung Seuchenhygiene beim Niedersächsischen Sozialministerium. Ein generelles Badeverbot sei in Niedersachsen gar nicht möglich, da das in die Zuständigkeit der Kommunen falle. Nach Raulfs Informationen sind die Werte für die Unterweser in diesem Jahr „gar nicht schlecht“. Der im Mittelweserbereich an Bremen angrenzende Landkreis Verden unterhält keine offizielle Badestelle und erteilt deshalb auch kein Badeverbot. Im letzten Jahr seien die Werte überwiegend gut gewesen, so der Verdener Gesundheitsingenieur Holt. Wegen der großen Schwankungen in der Gewässergüte sei das Baden allerdings nicht empfehlenswert.
Dr. Heinemeier vom Medizinaluntersuchungsamt in Aurich untersucht im Auftrag der Niedersächsischen Landesregierung Gewässerproben aus der Weser. Er unterscheidet wie Michael Schirmer zwischen dem hygienisch-gesundheitlichen Zustand eines Gewässers und dem ökologischen. Die Meßdaten sind laut Heinemeier für den ökologischen Zustand der Weser „nicht so schön“. Aus hygienischer Sicht dagegen sei die Weser „noch in Ordnung“. Grenzwerte würden kaum überschritten, wohl aber die EG-Leitwerte, in denen ein „Optimalziel“ formuliert werde. asp
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