„Saustall“ im Ausländeramt

■ 40.000 Eingänge liegen unbearbeitet im Schrank / Amtsleiter wird gehen

Mit einem Zentimetermaß hat eine Prüfgruppe die rückständigen Aktenstapel im Ausländeramt nachgemessen. Per Hochrechnung kamen die Prüfer von der „Senatskommission für das Personalwesen“ zu dem Ergebnis: 40.000 Eingänge im Sachbearbeiter-Bereich verstauben unerledigt in den Schränken, 90.000 Vorgänge im Ablagebereich ebenfalls.

Jetzt tobt der Streit um die Verantwortlichkeit. Im Haus des politisch verantwortlichen Innensenators wird die Ausländerbehörde für schuldig befunden. Hans Pleister, Referent beim Innensenator, sagte, der Chef des Ausländeramtes, Dieter Trappmann, habe ihm gegenüber immer nur von 2.000 Rückständen gesprochen. Der Sprecher des Innensenators, Kleen, mutmaßte gar, der Chef der Ausländerbehörde, Trappmann, habe „die Defizite nicht erkannt“, sprich: in seinem eigenen Hause nicht durchgeblickt. Und im „Weser-Kurier“ war ein anonymer „Insider“ zitiert worden, der die Ausländerbehörde als „Saustall“ charakterisiert hatte.

Die derart beschuldigte Spitze der Ausländerbehörde durfte sich gestern nicht verteidigen. Rederecht nahm sich dagegen der Personalratsvorsitzende der Verwaltungspolizei, Peter Stiering: „Ich kann Herrn Trappmann nichts vorwerfen. Er hat der Innenbehörde kontinuierlich aufgezählt, welche Rückstände wir haben. Wir fordern die Verantwortlichen in der Politik und bei der Senatskommission auf, nicht die Mängel auf die Beschäftigten abzuwälzen.“ Alle Initiativen, um der Personalnot im Amt abzuhelfen, seien „von den Mitarbeitern, dem Personalrat, der Gewerkschaft und der Amtsleitung ausgegangen.“ Denn die Fallzahlen im Asylbereich seien sprunghaft gestiegen von ca. 430 (1987) auf 4.100 (1990). Die zusätzlich genehmigten 15,5 Stellen hätten nur vorübergehend eine Besserung bewirkt. Der Personalrat: „Das Ausländeramt hat selbst gesagt, die Senatskommission möge bei uns prüfen und den Personalbedarf feststellen. Das Ergebnis hat uns nicht überrascht.“ Auch CDU und Grüne machten Innensenator Sakuth für die Mißstände veranwortlich. Der Senator sei überfordert bzw. habe „wieder versagt“.

Um die Rückstände jetzt zügig abzuarbeiten, helfen MitarbeiterInnen aus anderen Behörden aus, außerdem werden die Öffnungszeiten eingeschränkt und neun zusätzliche Stellen ausgeschrieben. Ein Wechsel an der Amtsspitze steht an. Der Posten soll öffentlich ausgeschrieben werden.

Für die betroffenen AusländerInnen wirken sich die Rückstände unterschiedlich aus. Diejenigen, denen der Aufenthalt von Amts wegen nicht mehr verlängert werden soll, freuen sich über jeden geschenkten Tag. Diejenigen, die sich einen Stempel für die versprochene Aufenthalts-Verstetigung abholen wollen, sind dagegen mehr als verärgert. B.D.