Südkoreas Opposition kündigt Demos an

■ Protest gegen Razzien und Verhaftungen der Polizei

Seoul (ap/dpa) — Südkorea steht nach mehr als sechs Wochen innenpolitischer Unruhe eine neue Welle des Protests bevor. Die Opposition kündigte für heute Demonstrationen im ganzen Land an, mit denen gegen die Festnahme eines ihrer Führer protestiert und wie in den vergangenen Wochen der Rücktritt des Präsidenten Roh Tae Woo gefordert werden soll. Außerdem soll eine Studentin beigesetzt werden, die vor zwei Wochen während der Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Studenten angeblich zu Tode getrampelt wurde. Die Staatsanwaltschaft will gegen den Willen der Hinterbliebenen und Hochschüler eine Autopsie der Leiche durchsetzen.

Die südkoreanische Polizei hatte am frühen Donnerstag morgen den 73jährigen Oppositionspolitiker und presbyterianischen Geistlichen Moon Ik Hwan mit der Begründung festgenommen, er habe mit politischer Betätigung seine Haftverschonungsauflagen verletzt. Moon war 1989 zu sieben Jahren Haft verurteilt worden, weil er ohne Erlaubnis Nordkorea besucht hatte. Auf der Suche nach angeblich „linksradikalen Studenten“ hatte die Polizei außerdem zwei Universitäten gestürmt und 85 Hochschüler vorübergehend festgenommen. 75 wurden inzwischen wieder freigelassen. In einer weiteren Polizeiaktion wurden 90 Arbeiter einer Seouler Chemiefabrik festgenommen, die sich seit einigen Tagen in einem Sitzstreik befanden. Auch nach führenden Mitgliedern der illegalen Studentengruppe „Chondaehyop“, darunter dem untergetauchten Vorsitzenden Kim Cjong Shik, wird gefahndet. Der zentrale Wahlausschuß in Seoul teilte gestern mit, für die bevorstehenden Kommunalwahlen hätten sich 2.877 Kandidaten für die 866 Ratssitze in 15 Großstädten und in Regionalparlamenten in die Listen eintragen lassen. Mehr als ein Drittel der Kandidaten sei nicht parteigebunden. Beobachter äußerten die Ansicht, die große Zahl unabhängiger Kandidaten lasse darauf schließen, daß das Vertrauen zu den etablierten Parteien stark gesunken sei.