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Bremen will nicht stimmen

■ Wedemeier dementiert „Kuhhandel“ um Bonn

Kaum ein Bundesland dürfte so großes Interesse an der Selbständigkeit Bremens wie Nordrhein- Westfalen, wissen Zyniker: Das kleine Bundesland an der Weser ist völlig abhängig, das heißt käuflich, und es kostet nicht einmal viel. So deutlich wie Finanzsenator Grobecker hat es selten ein verantwortlicher Politiker ausgedrückt: „Wir kommen als kleinstes Bundesland an Düsseldorf nicht vorbei“, erklärte der Verwalter von Bremens leeren Kassen dem Bonner Korrespondenten des Weser-Kurier in der Kneipe. Nordrhein-Westfalen spiele in der Bundesrepublik die Rolle, die Preußen im deutschen Reich zugekommen sei.

Das bedeutet: Wer wie Bremen auf finanzielle Hilfe angewiesen ist, darf sich die Sympathien der Großen nicht verscherzen. Aktueller Anlaß des Grundkurses in Bremer „Außenpolitik“: Nordrhein-Westfalen hat höchstes Interesse daran, den Regierungssitz in Bonn zu behalten. Bremens drei Stimmen im Bundesrat könnten entscheidend sein.

Das Gespräch in einer Bonner Kneipe war eigentlich nicht zur Veröffentlichung gedacht. Wedemeier, Präsident des Senats des Bundeslandes Bremen, hatte sich vor einem Jahr einmal für Berlin ausgesprochen, SPD-Fraktion und Bürgerschaft hatten mit großer Mehrheit auch, vier von fünf Bundesparteitagsdelegierten der SPD hatten bei der 203:202Kraftprobe ihre Stimme für Berlin abgegeben. Aber das Hauptstadt-Thema ist für Bremen mit einem besonderen Eigeninteresse besetzt, der Finanzsenator kann nicht dulden, daß NRW unnötig auf die Füße getreten wird.

„Bremen wird sich weiterhin bedeckt halten“, beschreibt der Senatspressesprecher Sondergeld die Linie. „Energisch" ließ Wedemeier das böse Wort vom „Kuhhandel“ mit den bremischen Stimmen dementieren. „Es gebe für beide Städte gute Argumente“, schlich er sich salomonisch aus der Verantwortung, Bremen wolle nicht „Zünglein an der Waage spielen“ und „seine Rolle als kleinstes Bundesland nicht überziehen“.

Nach der derart formulierten politischen Selbstaufgabe versicherte der Stadt-Bürgermeister, die Bremer Selbstständigkeit sei „nicht gefährdet“. K.W.

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