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Jahrmarkt der Beliebigkeit

■ Der 24. Deutsche Evangelische Kirchentag endete mit einem großen Fragezeichen

Jahrmarkt der Beliebigkeit Der 24. Deutsche Evangelische Kirchentag endete mit einem großen Fragezeichen

Insgesamt gelungen“ sei dieser Protestantentreff — glauben die Veranstalter. Dieser Glaube soll ihnen erhalten bleiben. An einem Punkt: Einzelne BesucherInnen haben sicher Anregungen aus dem vollen Sack der Angebote mitgenommen, wurden hier und da existentiell angesprochen, konnten sich da und dort für den Alltag aufrüsten. Doch der Anspruch des Kirchentags, immer auch gesellschaftlich Zeichen zu setzen, versandete im „Jahrmarkt der Beliebigkeit“, verplätscherte auf den harmoniesüchtigen Podien. Bei der deutsch- deutschen Umarmung — schon vorab zum Schwerpunkt stilisiert — ist man sich menschlich vielleicht näher gekommen. Ansonsten blieb nur die penetrante Gier derer im Westen nach der Authentizität der östlichen Schwestern und Brüder.

Bei all diesen Mängeln büßt der Kirchentag auch für die gesellschaftliche und kirchliche Realität. Aber das wollen die Macher nicht begreifen, wollen nicht einsehen, daß nach dem Ende großer sinnstiftender Ideologien — politischer wie religiöser — neu gesucht werden muß. Nicht immer fehlen die Antworten, aber fast immer die Ideen, wie aus dem Möglichen das Machbare wird. Wäre es auf dem Kirchentag anders gewesen, er hätte gegen alle Ströme schwimmen müssen. Und dazu fehlt ihm, weiß Gott, die Kraft. Suche führt zur Zersplitterung und ins Kleine. Der Kirchentag muß sich verabschieden von der Gigantomanie, er wird eben nicht immer schöner, größer, bunter. Es geht nicht darum, die Massenveranstaltung zu dezentralisieren und gleichzeitig den alten Anspruch auf protestantisches Großtreffen aufrechtzuerhalten. Es geht darum, den Kirchentag organisatorisch und geographisch zu entzerren, ihn flexibler und unmittelbarer zu machen. Ihn zum Beispiel in die einzelnen Landeskirchen zu verlegen, wie es in der DDR praktiziert wurde. Dann könnte er zum Kirchentag der vielen Orte und Einzelerlebnisse werden — als Konzept des Laientreffens. Weniger Masse, dafür konzentriert, strahlt allemal mehr ab und läßt sich als Kraft besser bündeln.

Der evangelische Kirchentag legt sehr viel Wert darauf, nicht mit der verfaßten Kirche in einen Topf geworfen zu werden. Aber bei vielen Problemen kann man diese Unterscheidung getrost vergessen. Und so wie die verfaßte Kirche sich nicht damit abfinden kann, daß sie schon längst keine Volkskirche mehr ist, weil kein Volk mehr in der Kirche ist — so schwer fällt es den Kirchentagsfunktionären, sich von Hybris und Großtraum Kirchentag zu verabschieden. Bascha Mika

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