: Klarinetten-Karrieren
■ Klangreicher Emporkömmling der E-Musik / Das „Trio di Firenze“ mit Klarinette
Der Klang der Klarinette wurde wohl vor rund 300 Jahren zum ersten Mal gehört. Das Instrument entwickelte sich aus der Schalmei und gehört zur Familie der Pfeifen. Auf der Straße verleiht ihre Höhenlage der Feuerwehrkapelle die erforderliche Agressivität. Der Tanzboden ist nach wie vor ihr Ort — dort versetzt ihr swingendes Gedudel die Leute in Hochstimmung, zuweilen von etwas Traurigkeit geadelt. Einer Verwendung im Bereich der E-Musik stand die ordinäre Herkunft des Instruments längere Zeit im Wege.
Am Sonntagmorgen im Kultursaal der Angestelltenkammer wurde die Klarinette als ausdrucksstarkes, vielseitiges Instrument der Kammermusik demonstriert. Ein frischgebackenes deutsch-italienisches Ensemble mit dem Namen Trio di Firenze präsentierte drei Stücke aus der Zeit der „Entdeckung“ der Klarinette für das Konzertpodium.
Die Stücke zeigen die große Spannweite des Klarinettenklanges. Des jungen Beethoven Trio
Aufstieg trotz ordinärer Herkunft
für Klavier, Klarinette und Violoncello (op.11), zumeist in der Bearbeitung für Violine zu hören, Schumanns Fantasiestücke für Klavier und Klarinette (op.73) und Michael Glinkas Klarinetten- Trio d-moll. Dazwischen die gewichtige Brahms'sche Cellosonate (op.38).
Beethoven setzt seine Klarinette oft für tänzerische Gassenhauer ein und entdeckte die Eignung ihrer dunklen, leicht näselnden Register für weit geschwungene Entwicklungen. Für Glinka wird sie schon recht selbstverständlich Bestandteil eines Kammermusikensembles. Die Bindungen an Folklore verlieren sich, farbliche Aspekte spielen sich in den Vordergrund. Schumann läßt Klarinette und Piano elegisch mit recht melancholischem Einschlag gemeinsam Zwie- oder besser Selbstgespräche führen.
Das Trio di Firenze hat sein Zusammenspiel sorgfältig erarbeitet. Für den individuellen Charakter der Ensemblemitglieder blieb reichlich Raum. Anna Possenti am Klavier (ein Flügel stand nicht zur Verfügung) spielte ihren Part klar, prägnant und durchhörbar. Das Fehlen der Tiefklangregister war insbesondere bei Brahms und dem wundervollen Klavierpart im Glinka-Trio eher produktiv. Francesco Pezzantini am Cello zeichnete sich durch schönen Klang in den Mittel- und Höhenlagen und durch eine erstaunlich kontrollierte Emotionalität aus. Ulrich Mückenbergers Klarinette strebte eher einen weichen, differenziert durchgestalteten Ton an, der des Instruments ordinäre Ursprünge vergessen machen will. Beethovens und zuweilen auch Glinka's Gepoltere überließ er seinen beiden Mitspielern. Mario Nitsche
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