: Biokost im Osten
■ Betr.: "Lieber Pommes mit Majo als Biokarotten", taz vom 24.5.91
betr.: »Lieber Pommes mit Majo als Biokarotten«, taz vom 24.5.91
Was Rochus Görgen über das geringe Interesse von Ostberlinern an Biokost zusammengestellt hat, wird wohl zutreffen. Ich finde es allerdings auch nicht besonders originell; denn war etwas anderes zu erwarten? Ich hätte anderes erwähnenswert gefunden. Dies betrifft zwar kaum Berlin, ist aber trotzdem erwähnenswert.
In der DDR gab es seit acht Jahren einen Arbeitskreis junger Gärtner und Landwirte, der sich um Alternativen im Gartenbau bemühte. Dieser Kreis war am Kirchlichen Forschungsheim Wittenberg angebunden. Von ihm gibt es ein Büchlein (Heft) anders gärtnern, das der Verlag der Wissenschaften Ostberlin 1990 herausgebracht hat. In pfiffigen Buchhandlungen habe ich es liegen sehen.
Ich erwähne das, weil Rochus Görgens Artikel ganz von dem Gefälle West-Ost lebt. Nein, man und frau hat auch im Osten schon an Bio gedacht vorher.
Nicht nur das. In Leipzig hat ein Mitglied des Wittenberger Arbeitskreises jetzt einen »Kulturkostladen« aufgemacht (in der Breiten Straße 8). Stefan Schulze — so ist sein Name — kommt kaum zum Schlafen: vor Arbeit, vor neuen Ideen und vor Freude über das zunehmende Kundeninteresse! Und in meiner Stadt, Wittenberg, erscheint jede Woche der Diesthof aus Seyda (eine kirchliche Einrichtung) und bietet seine Produkte an — mit großem Erfolg. Vermutlich ließen sich die Beispiele fortsetzen.
Natürlich muß ein derartiges Ernährungsbewußtsein erst wachsen — natürlich kann man es nicht synthetisch hochpowern. Aber der Eindruck, dieses Wachsen müsse vom Nullpunkt 9.November neu anfangen, ist wirklich falsch.
Das Kirchliche Forschungsheim Wittenberg hat seit 1983 vegetarische Rezepthefte herausgegeben und hatte damit große Verkaufserfolge. Auch das ist ein Beleg für das Schon-Vorhandensein von Ernährungsbewußtsein. Nebenbei: Die Nummer 3 dieser Rezeptheftesammlungen kann in Wittenberg bestellt werden. Mit Briefmarken im Wert von fünf DM im Umschlag sind Sie dabei. Adresse: KFH, PSF 150, Wittenberg, O-4600. Dr.Hans-Peter Gensichen, Wittenberg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen