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FDP-Chef gegen Trockenübung

Regierungssitz-Debatte: FDP-Chef Lambsdorff lehnt Volksabstimmungsvorschläge aus den eigenen Reihen ab/ Konsenslösung über Regierungssitz müsse Berlin schnell sichtbare Ergebnisse bringen  ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski

Der FDP-Vorsitzende Graf Lambdsdorff hält daran fest, daß am 20. Juni über den Regierungssitz abgestimmt werden soll und bekräftigte zugleich seine Ablehnung einer Volksabstimmung. Nach der Sitzung des FDP- Präsidiums sagte Graf Lamdsdorff, über Vorschläge für eine Volksabstimmung aus den Reihen der Liberalen sei nur am Rande gesprochen worden. Justizminister Kinkel habe dabei Wohnungsbauministerin Adam-Schwaetzer erklärt, ihr Vorschlag einer Volksbefragung ohne vorherige Grundgesetzänderung sei juristisch nicht machbar.

Frau Adam-Schwaetzer hatte eine Grundgesetzänderung für unnötig gehalten, wenn zuvor die Bundestagsfaktionen übereinkämen, das Volksvotum zu akzeptieren. Justizminister Kinkel wiederum, der sich seinerseits vorsichtig für eine Volksabstimmung ausgesprochen hat, sei klargemacht worden, daß es für die notwendige Grundgesetzänderung keine Zweidrittelmehrheit im Bundestag gibt, erklärte Graf Lambsdorff. Entsprechende Überlegungen seien deshalb eine „Trockenübung“. Der FDP-Vorsitzende verwies darauf, daß sich von den 79 Abgeordneten der Fraktion nur eine Abgeordnete für eine Volksabstimmung ausgesprochen habe.

Graf Lambsdorff forderte statt dessen, sich um tragfähige Konsenslösungen zu bemühen, die die Chance für „wirklich eindeutige“ Mehrheiten biete. Bei knappen Mehrheit laufe man dagegen Gefahr, daß die Debatte nicht beendet, sondern am Tag nach der Abstimmung weiterlaufe.

Lambsdorff wollte sich nach der gestrigen Präsidiumssitzung nicht über mögliche Konsenslösungen äußern, nannte aber den Vorschlag des Hamburger Bürgermeisters und derzeitigem Bundesratspräsidenten Voscherau (SPD) „attraktiv“. Der Voscherau-Plan sieht einen sofortigen Umzug des Bundespräsidenten, eine bis Jahresende vollzogene Verlagerung des Bundesrats und den in ein bis zwei Jahren zu realisierenden Nachzug des Auswärtigen Amts, des diplomatischen Korps und möglicherweise des Bundesverfassungsgerichts vor. Bundesregierung und Bundestag bleiben danach in Bonn. Dieser Vorschlag könne noch „angereichert“ werden, habe aber einen „Reiz“, weil er schnell umgesetzt werden könne und Ergebnisse sofort sichtbar würden. Dagegen habe selbst die Entscheidung alles nach Berlin keine „Symbolwirkung“ für die Menschen in Ostdeutschland, wenn der Umzug erst zum Jahre 2.000 erfolgt, so Lambsdorff.

Auch der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Gerster, sprach sich gegen einen Volksentscheid aus. Dies sei eine „Flucht aus der Verantwortung“ der Politiker. Die Abstimmung über den Regierungssitz sei eine „ganz normale Entscheidung“, sagte Gerster. Ein weiterer Zeitverzug mache die Sache nicht einfacher.

Gerster wollte sich bei der Frage nach einer Lösung nicht festlegen. Den Plan des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Union, Geißler, die Regierung solle in Bonn bleiben und das Parlament umziehen, nannte Gerster „eine vernünftige Sache, die man machen könnte“. Aber auch über den Voscherau-Plan könne man reden.

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