: The Huchting-Vegas-Connection
■ Im Roland-Center werden bis Samstag historische Münzspielgeräte gezeigt
Die Spielhölle ist mitten im Einkaufszentrum aufgebaut: einarmige Banditen, Glücksräder und mechanische Karten- oder Würfelspiele. Ein Sündenpfuhl, der sofort von der Polizei geschlossen werden müßte, wenn die Geräte nicht mindestens fünfzig Jahre auf den Holz- und Blechbuckeln hätten.
Als unschuldige und wunderschöne Museumsstücke stehen diese Ikonen des amerikanischen Traums neben einem imposanten Straßenkreuzer, Billardtischen und Flippermaschinen — und das alles wegen der Las Vegas-Aktions-Tage des Roland-Centers in Huchting.
Schon 1891 gewann man auf „Little Model Card Machine“ mit einem Royal Flash den Jackpot. Daß die „slot machines“, also die Münzautomaten, zu ihrer Zeit durchaus nicht immer legal neben dem Tresen standen oder hingen, beweisen die „Hide-away“-Automaten, die so klein und unscheinbar sind, daß sie bei einer Razzia schnell versteckt werden konnten.
Unter den Leihgaben aus der größten europäischen Sammlung historischer Münzspielgeräte, die von der Firma Gauselmann zusammengetragen wurde, sind Geräte mit so verheißungsvollen Namen wie „Naked Lady“, „War Eagle“, „Ben Hur“ oder „Little Perfect“. Und so anrührend glamourös sehen sie auch aus. Mit Schnörkeln, Ornamenten und glitzerndem Metall wurde nicht gespart; auch heute spürt man noch, wie geschickt diese mechanischen Versuchungen damals den armen Sündern „Gewinn, Reichtum, Erfolg“ zugeflüstert haben müssen.
Im Grunde hat sich kaum etwas geändert: die Symbole in den drei Sichtfensterchen des einarmigen Banditen „Coin Front“ von 1936 sind die gleichen Johannisbeeren, Pflaumen und Zitronen, für deren Anblick auch heute noch die Gambler in Vegas oder Reno Millionen Münzen an die automatischen Nachkommen verfüttern.
Für 750 000 DM mußte das Roland-Center die Exponate versichern lassen, und wer etwa versucht, ob das Glücksrad der fast hundertjährigen „The Owl“ sich noch dreht, bekommt es gleich mit dem Sicherungspersonal zu tun. Auch die prächtig dickbäuchigen Wurlitzer Musikboxen aus den 40er Jahren kann man nicht mehr mit Nickels und Dimes füttern, auch wenn auf den Programmkärtchen noch die alten Hits von Lois Armstrong, Stan Kenton oder Frank Sinatra stehen.
Wilfried Hippen
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