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Autos raus — Leben rein

■ Ein Plädoyer gegen das Auto: Warum der O'Weg die Fußgängerzone überlebt

Nirgendwo in Bremen lebt es sich schlechter als im Viertel. Wer zwischen Oster-und Steintor wohnt, nimmt billigend in Kauf, daß die Luft noch mieser ist als anderswo, daß Kinderspielplätze Mangelware, die Kriminalität dagegen Spitze ist. Grün findet sich nur an der Peripherie des Stadtteils, dafür ist es am Steintor so laut, wie an einer besseren Autobahnrastsätte. Und doch wollen es die Menschen partout nicht lassen, sich in das bunte Gemisch von Glanz und Elend, Kultur und Kommerz, Pieckfeinen und Pennern zu gesellen. Urbanes Leben, Bremen als Metropole, neumodisch auch Oberzentrum, wenn dies überhaupt irgendwo erlebbar ist, dann auf der lauten, dreckigen, kurzen Meile zwischen Goethetheater und Lüneburger Straße.

Daß die Autos jetzt verschwinden müssen, ist als verkehrspolitische Notwendigkeit eine Banalität. Bis StraßenbahnfahrerInnen sich durch die verstopfte Straße gequält haben, sind Anschlüsse nicht zu halten, wird jeder Fahrplan Makulatur, bleibt die Bahn unzuverlässig, haben Autofahrer eine plausibele Ausrede, ihre Blechkiste weiter zu benutzen. Doch wenn die Autos raus sind, bleibt das Leben dann drin?

Wie grauenhaft öde Fußgängerzonen sein können, zeigt sich ein paar hundert Meter weiter. Auch wenn Politiker seit Jahren davon reden, von einem Erlebnisraum Innenstadt ist in Bremens Obernstraße nichts zu spüren. Statt Abwechslung herrscht die Eintönigkeit der Filialisten. Versuche, die BremerInnen mit Stadtfesten an ihre Innenstadt zu gewöhnen, enden alljährlich im Pissoir. Allabendlich dagegen ist die Leere, die nur von dem Rattern der Straßenbahn unterbrochen wird.

Doch das, was in der Innenstadt künstlich nicht zu schaffen ist, weil die Stadtentwicklungspolitik die City zur Einkaufsmeile ohne Wohnbevölkerung verkommen ließ, muß im Viertel gar nicht erst versucht werden. Die Menschen sind da, das öffentliche Leben ist da. Und dort, wo so gelebt wird, kommen auch die Besucher von außerhalb, auch wenn sie ihr Auto nicht mehr direkt vor dem Bordell abstellen können.

Und ein weiterer Vorteil: Es gibt eine Einzelhandelsstruktur nach der sich andere Stadtteile die Finger lecken. Wo sonst findet sich auf so engem Raum alles, was für Kopf, Bauch oder Körper käuflich zu erwerben ist, vom Buchladen über den Biobäcker den Biobäcker bis zur Hochzeitsbekleidung? Und für Straßencafes und Biertische im Freien sind Autolärm und Abgase nicht zwangsläufig das notwendige Erlebnisambiente.

Das Leben im Viertel ist in der Tat schön schwierig. Um nicht nur die Taktfolge der BSAG zu verbessern, sondern auch die Lebens-und Erlebensbedingungen, ist die Fußgängerzone ein Muß. Die selstbescheidene Vorstellung, daß durch Autos Urbanität hergestellt oder erhalten wird, zeigt dabei nicht weniger, als wie weit unser Denken inzwischen von eigentlich unhaltbaren Zuständen umnebelt wird.

Die Stadt muß schöner werden. Die Autos müssen raus. Holger Bruns-Kösters

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