piwik no script img

Methadon alleine reicht nicht aus

■ Verein will psycho-soziale Betreuung von Abhängigen

Ein neugegründeter Verein will sich in Zukunft um die psycho-soziale Betreuung von Drogenabhängigen kümmern, die mit Methadon behandelt werden. Ani- Avati (hebräisch, Ich will) heißt er und hat sich vorgenommen, dort anzusetzen, wo das senatorische Methadon-Konzept bisher wegen Geldmangels und Kompetenzstreit versagt.

Ani Avati: Ich will — aussteigen. Das für ein Leben ohne Drogen mehr nötig ist, als die medizinische Versorgung mit dem Medikamt Polamidon, gehört zum kleinen Einmaleins jedes Drogenberaters. Der Patient braucht vor allem einen drogenfreien Raum, der ihm Lebensperspektiven und Beschäftigung bietet und Hilfe, den Alltag mit all seinen kleinen Hindernissen zu bewältigen. „Für einen Abhängigen ist es schon schwer, regelmäßig seinen Arzttermin einzuhalten. Wer wirklich süchtig ist, kann gar nichts mehr, nicht einmal die Uhr lesen“, erzählt der Arzt Hartmut Rausch.

Für die etwa 200 bis 250 MethadonpatientInnen, die in 33 Bremer Arztpraxen täglich mit Polamidon versorgt werden, gibt es gerade fünf Menschen, die sich um die nichtmedizinischen Belange der Abhängigen kümmern. Die Stellen dafür sind bei den freien Trägern der Drogenarbeit angesiedelt. Während sich die Gesundheitssenatorin mit der Sozialsenatorin noch streitet, wer die Betreuer zu finanzieren hat, will der Verein mit privater Initiative Abhilfe schaffen.

In einer Praxis direkt in Bremens Szene hat der Verein die erste Stelle zur psychosozialen Betreuung mit einer Sozialpädagogin besetzt. Ziel ist, bis zum Jahresende drei weitere Stellen zu schaffen. Dazu sind etwa 260.000 Mark nötig. Detlef Schäfer, praktizierender Arzt im Ostertor: „Die Patienten haben viel Energie, wenn sie vom Heroin weg sind und stattdessen Methadon bekommen. Man muß ihnen durch eine qualifizierte Betreuung die Möglichkeit geben, diese Energie für ein drogenfreies Leben einzusetzen.“

Der Verein will neben festen Stellen auch ehrenamtliche Helfer suchen, die in einer Art Partnerschaft jeweils einen Abhängigen betreuen. Bereits in den ersten Monaten nach seiner Gründung im August 1990 kann Ani Avati kleine Erfolge vorweisen. Bei einer Reihe von PatientInnen sei durch individuelle Betreuung eine erhebliche psychische Stabilisation des Patienten bewirkt worden. Ani Avati ist Mitglied der Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (DPWV)

mad

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen