piwik no script img

Aufgeblasenes Uni-Institut schrumpft

■ Senat mußte 1,5 Millionen nachschießen / Leiter hat die Lust verloren

Der Mann, der an der Bremer Uni das mit Abstand volkreichste Forschungs-Königreich geschaffen hat, heißt Prof. Dr.-Ing. Bernd E. Hirsch. Das Reich des Produktionstechnikers Hirsch ist so groß, daß geisteswissenschaftliche Professoren in solchen Dimensionen erst gar nicht zu träumen wagen: In Spitzenzeiten wie dem Sommer 1990 gebot Institutsleiter Hirsch über 150 MitarbeiterInnen: Sekretärinnen, WissenschaftlerInnen, TechnikerInnen plus Scharen von studentischen Hilfskräften. In nur sechs Jahren und im Alleingang hatte Hirsch diese Aufbauleistung vollbracht und die nötigen Millionen vor allem bei der EG in Brüssel akquiriert. Doch der Institutsleiter ist nicht mehr glücklich: „Es wird Zeit, daß ich hier die Platte putze“, sagte er gegenüber der taz. Denn finanziell hatte Hirsch sich übernommen, der Senat mußte im Herbst 1,5 Millionen Mark zuschießen. In Kürze bekommt Hirsch einen kaufmännischen Leiter zur Seite gestellt.

Die MitarbeiterInnen sind unruhig: In den sechs Jahren unter Hirsch hat keine der Jung-AkademikerInnen promoviert, als Doktor-Vater hat Hirsch in ihren Augen versagt. Von „Mißmanagement“ ist die Rede. Einer der Unzufriedenen: „Hirsch ist ein Schaumschläger, ein Patriarch und das Institut ein Sauladen.“ Seit letztem Herbst werden auslaufende Verträge nicht mehr verlängert. Hirsch ist tief enttäuscht, daß seine wissenschaftlichen MitarbeiterInnen einen Betriebsrat gegründet haben: „Dies ist nicht mehr meine Belegschaft“.

Hirschs Institut heißt abgekürzt BIBA: „Bremer Institut für Betriebstechnik und angewandte Arbeitswissenschaft“. Das BIBA war 1981 als erstes aus der Universität herausgelagertes, sogenanntes „An-Institut“ gegründet worden. Die ersten drei Jahre lebte das BIBA von einem Großauftrag: Für das Forschungsministerium tüftelten die MitarbeiterInnen am „Schiff der Zukunft“. Als sich Gewerkschafter und Reeder über das „Schiff der Zukunft“ in die Haare kriegten, als darüberhinaus die Bonner Mittel nach der „Wende“ gestoppt wurden und der einzige BIBA-Professor nach Berlin abwanderte, war die erste BIBA-Krise perfekt. KritikerInnen rieten: „Dichtmachen“.

Doch dann trat Bernd E. Hirsch auf den Plan. Sein Erfolgsrezept: „Ich habe gesagt: Wo mag es künftig Geld geben?“ Aus einer Mischung aus „Faible“ und „Opportunismus“ entschied er sich für ein Sammelsurium von lukrativ-modischen Forschungsthemen: von der Entwicklungshilfe bis zur Umwelttechnik. Hirsch hatte zunächst den richtigen Geld- Riecher. Doch das Wachstum des BIBA war unkontrolliert. Und die Akquisition wurde schwieriger. Hirsch zu den Schwierigkeiten: „Ich habe bisher fast immer Verträge mit Mitarbeitern abgeschlossen, ohne schon ein Projekt für sie reingeholt zu haben. Wir halten hier Unmengen von Personal vor.“

Bei rund 7,4 Millionen war der BIBA-Umsatz 1990 angelangt, davon kamen letztes Jahr allerdings 47 Prozent aus dem bremischen Staatshaushalt. An Aufträgen aus der regionalen Wirtschaft mangelt es. Hirsch will jetzt „konsolidieren“: „Ich muß wieder runter auf die 7 Millionen kommen.“ Er hofft, daß er ein Teil des BIBA vielleicht an das neugegründete daimler-nahe „Institut für Systemtechnik“ loswerden kann. Oder aber, daß ein Arbeitswissenschaftler berufen wird, mit dem er die Führung „kollektiv“ aufteilen kann. Falls er aber „allein das weitertreten muß“, will Hirsch sein BIBA-Imperium weiter herunterschrauben und nur noch mit „links“ leiten.

Hirsch versichert: „Ich werde das anständig zu Ende bringen.“ Doch MitarbeiterInnen fürchten, daß der für den Herbst geplante Umzug in den 30 Millionen Mark teuren BIBA-Neubau platzt und ein weniger krisengeschütteltes Institut dort einziehen darf. Barbara Debus

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen