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Mädchenhaus wäre voll

■ Interview mit Christian Zorn, seit 1985 in Bremen Sonderstaatsanwalt für „Jugendschutzsachen“

taz: Herr Zorn, Sie sind der einzige Mann in Bremen, der regelmäßig die Veranstaltungen zum Thema „Mädchenhaus“ besucht. Warum?

Christian Zorn: Wenn man beruflich engagiert ist, nimmt man das wahr, was einem wichtig erscheint.

Warum das „Mädchenhaus“?

Es wird bei sexuellem Mißbrauch immer mit großen Zahlen gerechnet, um den Bedarf für ein Mädchenhaus deutlich zu machen. Ich sage: Es ist nicht das Problem der großen Zahl. Wir haben sowieso schon eine Zahl von ungefähr 60 Fällen sexuellen Mißbrauchs im Jahr in Bremen.

Mädchen und Jungen?

Ja, wobei man sagen muß, die strafrechtlich erfaßte Fallzahl von ca. 60 betrifft zu 90 Prozent Mädchen. Typisch ist bei dem angezeigten sexuellen Mißbrauch zum Nachteil von Jungen, daß es Fremdtäter sind, wo sehr viele Jungen auch Opfer werden. Bei Mädchen ist es meist die häusliche Situation. Entweder Vater, Onkel oder der Freund der Mutter... Und wenn man die große Schätzungszahl von 3.000 mißbrauchten Kindern pro Jahr in Bremen nimmt, ist das natürlich sehr eindrucksvoll. Ich sage aber: Die Zahl von 60, mit denen ich zu tun habe, ist schon eindrucksvoll genug. Man muß sich schon um diese 60 Fälle kümmern. Denn das Repressionssystem Justiz wirkt nicht nur auf die Täter, sondern auch auf die Opfer. Häufig sind die Mädchen nicht in der Lage, daß sie vor Gericht auftreten können und wollen, also muß man den Mädchen trotzdem helfen. Meine Erfahrung ist, daß parteiliche Mädchenarbeit den Mädchen am besten weiterhilft — so wie Schattenriss, wie der Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen und wie die Mädchenhaus-Initiative die Arbeit macht.

Füllen die, die gerichtsbekannt werden, ein Mädchenhaus?

Das reicht allemal für einen Bedarf von acht bis zehn Plätzen pro Jahr. Int.: B.D.

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