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Kuwait: 10 Todesurteile ohne Zeugenaussagen

Kuwait (ap/afp) — In Kuwait sind am Samstag zehn weitere mutmaßliche Kollaborateure der Iraker zum Tode verurteilt worden, darunter sechs Journalisten. Ihnen wurde vorgeworfen, für die Zeitung der irakischen Besatzer in Kuwait, 'Al Nida‘, gearbeitet zu haben. Seit Beginn der Prozesse in dem Emirat wurden damit neun Menschen zum Tode verurteilt. Der Richter des Sondergerichts, Mohammed Ben Nadschee, der seine Urteilsverkündung mit einem Vers aus dem Koran begann, warf den Angeklagten vor, Kuwait in der Stunde der Not nicht beigestanden zu haben. Bei den Verurteilten handelt es sich unter anderem um drei Jordanier, eine Kuwaiterin, einen Libanesen, einen Palästinenser und einen Staatenlosen. Zehn weitere Angeklagte, auch zumeist Journalisten, wurden zu zehn Jahren Haft verurteilt, acht andere wurden freigesprochen. Die Verurteilten reagierten mit entsetzten Schreien und Tränen auf die Urteile, einer brach zusammen. Der Herausgeber der Besatzer-Zeitung, der Libanese Ahmed Fadi el-Hussaini, wurde in Abwesenheit verurteilt. Er hatte es noch geschafft, aus Kuwait zu fliehen, und soll sich in Ägypten aufhalten. Kuwait will seine Auslieferung beantraen.

Die Kuwaiterin Ibtessam Ad-Duchail war die erste Einheimische, die von dem Sondergericht verurteilt wurde. Ihr wurde vorgeworfen, Journalisten für die Besatzerzeitung angeworben zu haben. Einige Journalisten soll sie auch unter Drohungen zur Mitarbeit gezwungen haben. Sie machte geltend, daß die Iraker gedroht hätten, ihrer Tochter etwas anzutun, sollte sie nicht mitarbeiten. Nur in ihrem Fall ließ der Richter Zeugen zu. In allen anderen Fällen wurden „geheime Quellen“ gegen die Angeklagten geltend gemacht. Deren Aussagen wurden von einem Polizisten verlesen. Gegen die Urteile kann keine Berufung im rechtsstaatlichen Sinne eingelegt werden. Nach massiven Protesten hatte die kuwaitische Führung jedoch ein Richtergremium geschaffen, das den kuwaitischen Regierungschef, Erbprinz Scheich Saad el-Abdallah el-Sabah, beraten darf, dem allein die Überprüfung von Urteilen zusteht.

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