Sechs Graue wollen fünf Prozent

■ Prof. Rudolph Bauer wurde Spitzenkandidat der Alten-Lobby „Die Grauen“

Unter den wachsamen Augen ihrer Bundesvorsitzenden und republikbekannten Altenkämpferin Trude Unruh wählte gestern der Bremer Landesverband der Partei „Die Grauen“ seine KandidatInnen für die Bürgerschaftswahl. Zwölf stimmberechtigte Graue, die nach den Worten ihres stürmischen Vorsitzenden Reinhard Sturm „den Generationen-Rassismus zwischen alt und jung“ bekämpfen, wählten sechs aus ihrer Reihe auf die Liste. Der jüngste ist 31 Jahre alt, die älteste 78 Jahre jung.

Sechzehn Frauen, sechs Männer und ein Baby trafen sich gestern im Konsul-Hackfeld-Haus. Ihre Wahl für den Spitzenkandidaten fiel eindeutig aus: Rudolph Bauer, 52 Jahre alt, ist Professor für Sozialarbeit und Sozialpolitik an der Uni Bremen. Er erreichte mit 100 Prozent das beste Ergebnis des Tages, die zwölf stimmberechtigten Parteimitglieder im Saal entschieden sich geschlossen für ihn. Ob des wienerisch anmutenden Akzents des aus Amberg in der Oberpfalz stammenden Professors freute sich Trude Unruh aus Wuppertal über „das internationale Flair“. Eine Bereicherung für die Partei.

In Anspielung auf die zwölf Jünger Jesu Christi bedankte sich der frischgebackene Frontmann für das „apostolische Vertrauen“ der Versammlung. Rudolph Bauer: „Wir haben die Chance, bei der Bürgerschaftswahl mehr als fünf Prozent zu erreichen.“

Christian Möller, mit 31 Jah

Mit Würstchen und Trude Unruh sammelten die Grauen SympathienFoto: Jörg Oberheide

ren der jüngste Kandidat bekam elf Stimmen. Mit neun Ja-Stimmen ihm dicht auf den Fersen folgte Monika Trems (37), die während des Vormittags ein wenig von der Stimmung verbreitete, die zu den Gründungszeiten der Grünen geherrscht haben muß. Während der Wahl-Prozedur stillte sie ihr Baby und bekannte, in Berlin die Alternative Liste mitgegründet zu haben.

Reinhard Sturm bekam das schlechteste Tagesergebnis. Vier Mitgliedern war der amtierende 1.Vorsitzende der Bremer Grauen zu windig, nur sieben

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stimmten für ihn.

Und dann kam Trude Unruhs große Stunde. „Warum“, wetterte sie, „kandidieren keine Grauen Panther auf der Liste?“ Die Partei „Die Grauen“ war 1989 mit viel Nerv und Stress aus dem „Seniorenschutzbund GrauePanther“ hervorgegangen, der ebenso wie die Partei ein Produkt der unermüdlichen Wuppertaler Unruh ist. „Unsere Gruppe hat entschieden, daß niemand kandidiert“, lautete die kleinlaute Antwort vom Panther-Tisch in der hinteren Clubraum-Ecke des Konsul-Hackfeld-Hauses. Über

mutter Unruh: „Kann sich denn jetzt nicht mal jemand individuell entscheiden? Was macht denn die Elisabeth?“

Unter dem Druck der Grauen Bundesvorsitzenden ging die Versammlung noch einmal in sich. Schließlich kam der Ruf: „Wir haben eine gefunden!“ Franziska Uhlhorn, eine leibhaftige Pantherin, die nach 47 Arbeitsjahren als Krankenpflegerin von 1.300 Mark Rente leben muß und mit den Grauen Panthern für mehr Rente kämpft, 78 Jahre jung, vollendete als sechste die Liste. Hannes Koch