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An den Wurzeln ist Weltsprache

■ El Loko bei El Patio / Kunst u.a. aus Togo

Überall in Afrika gibt es eine Vielzahl von Göttern, auch in den großen Städten (...) Am Eingang einer Siedlung sichtet der aufmerksame Besucher eine aus Lehm gebildete Statue, Doulegba genannt, ein mächtiger Beschützer. Kleinere Statuen stehen vor den Häusern, sie wachen nicht über den gesamten Bezirk, sondern schützen den privaten Bereich. Jeder hat seinen persönlichen Gott, der ihn durch den Alltag begleitet. Flüsse, Bäume, Gegenstände aller Art finden Verehrung, denn Afrikaner sind unzweifelhaft Gläubige.

Das berichtet in seiner autobiografischen Erzählung „Der Blues in mir“ der Autor und Künstler El Loko (Jg.'50) aus Togo. El Loko steht mit einem Bein fest in der kulturell-religiösen Tradition seines Landes. Sein anderes Bein hatte er 1971-76 in der Düsseldorfer Kunstakademie bei Beuys, dem alten Schamanen.

In der Galerie „El Patio“ kann man jetzt den gemeinsamen Nenner besichtigen, wo sich die in El Loko aufeinanderprallenden Kulturen treffen. Es ist das (mythisch aufgeladene) Zeichen, dessen Sprache man auch in Bremen verstehen kann, denkt man sich die scharfkantigen, mannshohen bemalten Holzskulpturen, sagen wir: an ein schummriges Wegkreuz im Moor. Ferne Kulte operieren hier mit Botschaften, deren Schrecken und Abschreckung sich uns ohne Umweg übers Kleinhirn erschließen.

Das Auge, das Kreuz, der Vogel, das Dreieck, der Kreis oder Kopf: Es sind nicht viele Symbole, die der Wahl-Duisburger für seine „Beschwörungen“ in Holz oder auf Leinwand braucht. Seine Farben sind erdig im Ton, selbst zubereitet aus reinem Pigment, Leim und oft Sand oder Erde. Durch solche „Überkrustungen“ wird die Bildoberfläche reliefartig und erhält eine ehrwürdige, manchmal geheimnisvolle Patina.

Dem weitgehend aufgeklärten Europäer fallen Arbeiten wie die totemistischen Stelen El Lokos leicht in die Schublade „Ethnologie“; die sehr enge Beziehung Ritus-Kunst trifft vielleicht auf kunstwissenschaftliches Interesse. Spannend besonders in den Bildern des Afrikaners ist zu sehen, wie er die europäische Kunstgeschichte durchstreift hat (Expressionismus!) und sie mit seinen Wurzeln kurzschließt. Resultat sind nicht Abklatsch oder Kompromiß, sondern ruhige und stimmige Bildlösungen in einer „Weltsprache“, die an Picasso erinnert, den Zeichensammler.

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