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Europahafen wird heute verkauft

■ Häfendeputation will Eduscho und Kelloggs bedienen / Kein Wohnen am Wasser

Rechtzeitig vor den Wahlen will Häfensenator Konrad Kunick Nägel mit Köpfen machen. Deshalb wird die Deputation für Häfen, Schiffahrt und Verkehr heute über drei Grundstücksverkäufe im Bereich des Europahafens entscheiden, und wenn die Deputierten den Beschlußvorschlägen des Bausenators folgen, wird das Projekt Wohnen am Wasser endgültig begraben. Im vergangenen Jahr hatten Kunick und Stadtentwicklungssenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte noch Pläne verkündet, den für Hafenzwecke nicht mehr benötigten Europahafen zu einem gemischten Wohn- und Gewerbegebiet umzubauen. Nachdem Hafen- und Industriebetriebe einen Schrei der Entrüstung in Richtung Kunick ausstießen, wurde das Projekt schnell wieder gekippt.

Nutznießer der Grundstücksverkäufe sollen die Firmen Eduscho, Kellogs und die Spedition Vollers sein. Die künftigen Firmengelände sind so gelegen, daß der Europahafen zur Wasserseite hin zum überwiegenden Teil privatisiert wäre. Für Eduscho will Kunik sogar von einem ehernen Prinzip bremischer Häfenpolitik abgehen. Bislang galt die Richtlinie, daß Grundstücke nur dann verkauft werden, wenn der Käufer der Stadtgemeinde Bremen ein Rückkaufsrecht einräumt. In wünschenswerter Deutlichkeit beschreibt die Deputationsvorlage den Druck, der von Eduscho- Chef Rolf Schopf in den Verhandlungen ausgeübt wurde: „Wenn ihm die Grundstücke nicht lastenfrei übertragen werden, wird Schopf nach seiner Ankündigung die entsprechenden Kaufverträge, soweit sie öffentlichen Grund betreffen nicht unterschreiben und die auf diesen Grundstücken vorgesehenen Aktivitäten nach außerhalb Bremens verlagern.“ Als Zuckerbrot kündigte Schopf an, daß er die Kaffeerösterei, die im Moment in Berlin ihren Sitz hat, „zu einem betriebswirtschaftlich vertretbaren und absehbaren Zeitpunkt“ nach Bremen umsiedeln will. Dafür soll die Deputation morgen das Einverständnis geben, Schopf zwei Grundstücke zu verkaufen und über den Ankauf des Weserbahnhof II weiter zu verhandeln.

Auch für den Verkauf einer 50.000 Quadratmeter großen Fläche an Kelloggs soll die Deputation eine Vorentscheidung treffen. „In Vorgesprächen ist Kelloggs signalisiert worden, daß Bremen bereit sei, den Weserbahnhof I sowie das stromab gelegene Gleisdreieck an Kelloggs zu veräußern“, verrät die Vorlage den Deputierten.

Dritter im Bunde: Die Spedition Bertold Vollers will auf 95.000 Quadratmetern, auf denen bislang die Schuppen 2-6 stehen, Lagerhallen und ein Silozentrum für Rohkaffee einrichten. Dafür sollen Vollers zunächst 10.000 Quadratmeter für die Dauer von 30 Jahren zu einem Erbbauzins von 3,90 je Quadratmeter und Jahr eingeräumt werden.

Widerstände gegen die Pläne hat Kunick kaum mehr zu erwarten. Intern hatte lediglich das Wirtschaftsressort gegen die ausgehandelten Grundstückspreise Bedenken erhoben. Eduscho muß lediglich zwischen 45 und 60 Mark je Qudratmeter an die Stadt bezahlen. hbk

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