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Asyl in der Bunten Republik Neustadt

Während AsylbewerberInnen vor Gewalt fliehen, suchen Betroffene und Verantwortliche nach einer „Freien Flüchtlingsstadt“  ■ Aus Dresden Detlef Krell

Nach einem neuen, menschenwürdigen Zuhause für ausländische Flüchtlinge und AsylbewerberInnen wollen BewohnerInnen des Dresdner Stadtteils Äußere Neustadt mit der Arbeitsgruppe „Das andere Europa“, der AusländerInneninitiative Ring e.V. und Politikern suchen. Zu einem Podiumsgespräch lädt die Bunte Republik Neustadt am Sonnabend, 16.00 Uhr in das Kulturzentrum „Scheune“ ein.

„Entweder wir finden uns mit Fremdenhaß und Rassismus ab, oder aber wir setzen praktische Projekte dagegen“, erklärt Ring e.V. zu dem Vorhaben. Die Ausländerfeindlichkeit beruhe „auch auf irrationaler Angst vor dem Bunten und anderen“. Deshalb soll die Bunte Republik Neustadt von AusländerInnen und Deutschen gemeinsam als eine „Freie Flüchtlingsstadt“ aufgebaut werden und „ein Gegengewicht zu fremdenfeindlichen Stimmungen in der Bevölkerung bilden“. Das Podium soll nach Alternativen zur Ghettoisierung von Flüchtlingen in Heimen und Lagern suchen. Möglich wäre nach den Vorstellungen der „Bunten Republik“, daß BewohnerInnen des Stadtteils mit AusländerInnen leerstehende Häuser ausbauen, die später auch gemeinsam bewohnt werden sollen.

Mit der Bunten Republik Neustadt wollen BewohnerInnen und Initiativen dieses Dresdner Stadtteils, des größten Gründerzeitenensembles in Europa, am Wochenende für die Bewahrung ihrer Alltagskultur, gegen Mietwucher, Edelsanierung, Spekulation und Zerstörung ein Fest feiern. Beteiligt sind das Projekt Kulturstadt Dresden e.V., Projekttheater und Filminitiative, die Szenecafés des Stadtteils, Medienwerkstatt und Vereinigte Linke, Stadtmagazin 'Sax‘ und die 'Contraste‘, Stadtjugendamt, Grüne Liga, Neues Forum, Martin-Luther-Kirchengemeinde und weitere Initiativen. Das Miteinanderleben verschiedener Kulturen soll nicht nur trocken auf dem „Scheune“-Podium behandelt werden. Angesagt sind ein Samba- Treffen, peruanische Folklore und andere bunte Konzerte.

Die internationale Arbeitsgemeinschaft „Das andere Europa“ will über das Forum in der Bunten Republik Neustadt hinaus am Wochenende in Dresden zum vierten Mal über Erfahrungen mit selbstverwalteten Projekten und eine „Europäische Projektmesse“ beraten. Dazu erwartet sie Jaques Archimbaud, den Präsidenten des französischen Projektverbandes „Aldea“, und Birgit Cramon-Daiber, Mitglied des Europaparlaments.

Auch Sachsens Innenminister Krause hat, nach den rechtsradikalen Überfällen auf Asylantenheime in Leipzig und Pirna, auf die Tschernobyl-Kinder in Zittau und dem Mord an dem Mosambikaner Jorge Gomondai, kürzlich das Gespräch mit ausländischen MitbürgerInnen gesucht. Gegenüber VertreterInnen des ökumenischen Zentrums Cabana sicherte er den AusländerInnen „schnelle und unbürokratische Hilfe“ zu.

Das Staatsministerium wolle eine „einheitliche Interpretation der bestehenden Regierungsabkommen bezüglich ausländischer Arbeitnehmer auf bisherigem DDR-Gebiet als Richtlinie an mittlere und untere Ausländerbehörden“ weitergeben und auch die Polizei „bei der Lösung anstehender Probleme im Ausländerbereich verstärkt einsetzen“. Im Freistaat Sachsen mit seinen fünf Millionen EinwohnerInnen leben 44.000 AusländerInnen, unter ihnen 11.000 aus Vietnam.

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