Der kryptische Fahrradkeller

■ Die Propsteikirche St. Johann verwandelt ihren Keller in eine Unterkirche

Querschnitt durch die Kirche St.Johann. Der untere, kryptische Kellerfußboden liegt 1,90 Meter unterm Niveau der Straße Lange Wieren.Skizze aus: Karl Dillschneider, St. Johann in Bremen

Wenn bei einer schönen alten Kirche ein Erweiterungsbau ansteht, sind in der Regel architektonische Todsünden kaum zu vermeiden. Für die Propsteikirche St. Johann bietet sich aber eine elegante und stimmige Lösung an: Jetzt kann der Raum, den im 19. Jahrhundert die Weser im tiefliegenden Schnoor für sich beanspruchte, wieder kirchlich genutzt werden. Damals war bei hohen Fluten regelmäßig das Flußwasser über die Schwelle des Gotteshauses geschwappt, so daß 1823 der Kirchenfußboden um drei Meter hö

hierhin bitte

die Bauskizze

her gelegt wurde.

Da auch die anliegende Straße, der Lange Wieren, aufgeschüttet wurde, verwandelte sich der alte Fußboden der gotischen Hallenkirche aus dem zwölften Jahrhundert in einen Keller. Der wurde als Lagerraum genutzt, diente während des zweiten Weltkrieges als Schutzraum, und seit einiger Zeitstellen, bis heute noch, die Schüler der benachbarten Schule dort ihre Fahrräder ab.

Die Gemeinde hofft, die neuen Räume bereits zu den Adventsfeierlichkeiten für Gottesdienste nutzen zu können. Auch „den Hostessen nebst ihren Bremenbesuchern“ (Presse-Info) soll sie dann zur Verfügung stehen. Bis dahin müssen nachträglich eingezogene Wände wieder abgerissen, ein neuer Fußbodenbelag aus Ziegeln verlegt und ein neuer Eingang angelegt werden.

Wenn der Beton, der 1948 über den jahrhundertealten Fußboden gegossen wurde, wieder abge

räumt wird, steht der Landesarchäologe schon bereit. Viele alte Gräber werden zum Vorschein kommen: Die Kirche war lange der bevorzugte Begräbnisplatz für die gut betuchten Bremer Katholiken; auch ein kaiserlicher Resident und im 18. Jahrhundert einige Jesuiten ließen sich hier beisetzen.

Schon 1823 hat die Kirchengemeinde im streng protestantischen Bremen für die Restaurierung kein Geld vom Senat bekommen, und auch heute müssen die 670.000 DM für den ersten Bauabschnitt durch Kollekten und Spenden aufgebracht werden.

Wenn bei der Restaurierung nicht allzuviel verdorben wird, könnte das vor hundert Jahren eingesetzte Kellergewölbe den drei neu entstehenden Räumen (Vorhalle, Beichtraum und Kapelle mit Altar und Sitzplätzen für 54 Personen) eine sakrale und im besten Sinne des Wortes unmoderne Atmosphäre geben. „Das ist ein Bau aus einem Guß, da ist nichts Fremdes, nichts Störendes, hier endlich finden wir eine Kirche (...), die nicht durch Anbauten oder Umbauten ihr stilistisches Gleichmaß verloren hat“ — so kommentierte ein Herr Wilhelm von Bippen die Johanniskirche im Jahre 1879, und alles deutet darauf hin, daß dieses Lob weiterhin Gültigkeit behält. Wilfried Hippen