Um-Rüstung mit roten Zahlen

■ Manager der „Deutschen System-Technik“ präsentierten ihr einjähriges Werk

Wenn ein Unternehmen etwas auf sich hält, inszeniert es sich selbst. Dann schaltet es eine „High-Tech Marketing GmbH“ ein, um die Bilanzpressekonferenz noch perfekter zu gestalten. Ein blendendes Gesamtkunstwerk - von der Krawattennadel bis zur Overheadfolie. Was aber nicht heißt, daß dann, wenn JournalistInnen bei der Bilanz nach den genauen Verlusten fragen, diese Verluste auch exakt beziffert würden. Dann ist vornehm die Rede von „falschen Vorzeichen“.

Die „Deutsche System-Technik GmbH“ ist ein junges Unternehmen. Denn die beiden unter diesem Namen zusammengefaßten Rüstungsbetriebe in Bremen und Kiel gehörten bis März 1990 zum Philips-Konzerns. Dann stieß Philips die unrentabel gewordenen Rüstungsfilialen an zwei Manager ab. Damit die beiden nicht gleich Konkurs anmelden mußten, hinterließ ihnen Philips ein Polster von 35 Millionen Mark. Darüber, wieweit dieses Polster schon aufgebraucht ist, gaben die Herren gestern, wie gesagt, keine Auskunft. Sie sprachen stattdessen von einem „guten, sehr zufriedenen Geschäftsverlauf“. Der Umsatz sei um zwanzig Prozent auf 145 Millionen geklettert, man sei noch kreditfrei.

Seit der Übernahme im März 1990 wurden in Bremen und Kiel über hundert MitarbeiterInnen entlassen. Derzeit hat die „Deutsche System-Technik“ 950 Beschäftigte, davon 300 EntwicklerInnen. Die beiden neuen Bosse, Hans-Jörg Zobel und Bruno Jacobi, wollen das High-Tech-Unternehmen wegsteuern von der starken Rüstungsabhängigkeit — runter von den 71 Prozent im Auftragseingang (1989) über derzeit 62 Prozent auf zukünftig 50 Prozent. Geschäftsführer Zobel: „Wir bekennen uns zur Wehrtechnik. Wir sagen: Wir wollen da auch unser Geschäft machen.“

An hausinternen technischen Entwicklungen und an Neu-Aufträgen zählten die Manager auf: Die DST konnte rechnergestützte Bahnsysteme in die Schweiz und die Bundesrepublik verkaufen, auch für neue ICE-Strecken. Dann ist es der DST gelungen, die Nachtsichtbrillen nicht nur an Soldaten verschiedenster Armeen sondern auch an hiesige BäuerInnen abzusetzen. Denn Langzeitversuche auf Feldern haben ergeben, daß das Pflügen bei Nacht und ohne Traktorscheinwerfer ökologischer ist, da es Unkrautwachstum verhindert.

Ebenfalls ein Abfall-Produkt der Rüstungs-Technik sind Ausbildungs-Simulatoren, die die DST an zivile statt nur an militärische Fahrlehrer verkauft. Als „Weltneuheit“ priesen die beiden Manager das bei der DST entwickelte Programm für „ausfallsichere, fehlerfreie Software“ an, für das die Deutsche Airbus bereits einen Auftrag erteilt habe. Mit solch einem Programm hätte der Absturz der Lauda-Boing über Thailand verhindert werden können, denn der gehe auf einen Software-Fehler zurück. Ideen für neue Produkte, so die beiden Manager, kämen in hohem Maße aus der Belegschaft, von „unseren Know-How-Trägern“, die beiden lobten den Betriebsrat, der einen Arbeitskreis „Neue Produkte“ initiiert hatte. Unternehmensziel für die Zukunft: „aggressiv in die Märkte“ reingehen, die Marketing-Abteilung, den Vertrieb ausbauen — Unternehmenbereiche die bei der Übernahme fast nicht existent waren, da früher fast nur Bundeswehr zu bedienen war. In fünf Jahren soll die DST „das führende Telematik-Systemhaus in Deutschland“ werden. — Davon, daß in diesem Geschäftsjahr die Löcher in der Produktion durch Lohnaufträge gestopft werden müssen, sagte Manager Zobel in seinem Doppelreiher nichts. B.D.