: Scherf: „Wir waren nicht perfekt“
■ Hans-Wendt-Ausschuß: Scherf rechtfertigt Vorstand / Kritik an Hoppensack
Seit Henning Scherf vom Sozial- ins Bildungsressort wechselte, ist er ein Problem los: den Vorsitz der Hans-Wendt-Stiftung. Deshalb hatte Scherf sich bislang auch nicht öffentlich zu dem Vorwurf des Rechnungshofes (leichtfertiger Umgang mit Stiftungsgeldern) geäußert. Gestern mußte er dann doch. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuß versuchte rund drei Stunden, aus dem Senator herauszuhorchen, was er denn von den einzelnen Mißständen gewußt und was er dagegen getan hat. Scherfs generelle Einschätzung zur Arbeit von Ausschuß und Stiftung: „Es gibt Fälle, wo Sie zurecht bohren, aber im großen und ganzen ist die Stiftung zusammengeblieben.“
Zu den einzelnen Fällen, die der Rechnungshof problematisiert hatte, wußte Scherf nichts Neues mitzuteilen. Die Verluste, die die Stiftung bei verschiedenen Projekten gemacht hatte, rechtfertigte er mit dem sozialpolitischen Nutzen, der jeweils bei den einzelnen Maßnahmen erreicht worden sei. Scherf: „Wenn das Geld an den Finanzsenator gegangen wäre, dann hätte der damit Schiffe subventioniert.“
Bei der Einstellung des langjährigen Verwaltungsleiters Dieter Ziebarth, der inzwischen wegen Unterschlagung zu Lasten der Stiftung verurteilt wurde, will Scherf nicht mitgewirkt haben. „Ziebarth war kein Fan von mir und ich erst recht nicht von ihm.“ Er habe den ehemaligen Verwaltungsleiter für einen „nervigen und anstrengenden Menschen gehalten“, Veruntreuung habe er ihm aber nie zugetraut. Ärgerlich reagierte Scherf, als die Rede auf die Ankündigung des Staatsrates aus dem Innenressort kam, daß möglicherweise Regreßforderungen gegen Scherf als ehemaligen Vorstandvorsitzenden der Stiftung anstehen. Scherf: „Wenn Kauther Schadensersatz fordert, dann muß er sich warm anziehen.“ Ein kleines Eingeständnis des Versagens gab Scherf dann doch noch zu Protokoll: „Wir haben das nicht perfekt gemacht. Das ärgert uns sehr.“
Am Vormittag hatte der Ausschuß die langjährige psychotherapeutische Mitarbeiterin der Stiftung, Anne Albers, gehört. Seit März versucht die Stiftung, A. Albers rauszuschmeißen — bisher vor dem Arbeitsgericht ohne Erfolg. Anfang der achtziger Jahre war sie im Leitungsgremium der Stiftung, aus dem sie auf Betreiben des Vorstandes dann entfernt wurde. Aus dieser Zeit berichtete sie über neue Sumpfblüten aus dem Bauch der Stiftung. Da hatte Verwaltungsleiter Ziebarth die Buchhalterin Fischer eingestellt, die später ihren aufwendigen Lebensstil durch Unterschlagungen mitfinanziert haben soll. Kurze Zeit darauf schaffte Ziebarth bei Fischers Gatten eine neue, völlig überflüssige Computeranlage an. Die Reaktion des Vorstandes auf diese Anschaffung beschrieb Albers mit den Worten: „Dieter, das darfst Du nicht.“ Für die lange Geduld, die der Vorstand mit Ziebarth hatte, der über Jahre keine Pflegesatzvereinbarungen mit der Sozialbehörde zustande brachte, hatte Albers eine einfache Erklärung: „Es gab ein enges Vertrauensverhältnis zwischen Ziebarth und Hoppensack.“ Und als sie am Rande eines SPD-Parteitages Hoppensack auf das Verhältnis zwischen Ziebarth und der Buchhalterin ansprach, habe der geantwortet: „Du gönnst uns Fünfzigjährigen unseren zweiten Frühling nicht.“
Und auch dem jetzigen Geschäftsführer, Anderas Strunk, der zur Zeit versucht, Albers zu entlassen, gab die Stiftungsmitarbeiterin eine schallenden Ohrfeige. Ihn mit Ziebarth vergleichend meinte Albers: „Der jetzige Geschäftsführer ist auch nicht anders.“ hbk
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