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Rachejustiz arbeitet immer schneller

■ Kuwaitisches Sondergericht fällt erneut acht Todesurteile/ Palästinenser sollen ausgewiesen werden

Kuwait/Jerusalem (ap) — Ein nach Kriegsrecht amtierendes kuwaitisches Sondergericht hat gestern erneut acht Todesurteile gefällt. Es war die höchste Zahl an Todesurteilen innerhalb eines Tages, seit die Schnellprozesse wegen Kollaboration mit dem Irak am 19. Mai begannen. Zu den gestern Verurteilten gehörten sechs Jordanier, ein staatenloser Araber und ein Iraker. Damit stieg die Zahl der Todesurteile auf insgesamt 29, darunter elf staatenlose Araber, neun Jordanier, je zwei Palästinenser und Libanesen, je ein Kuwaiter und Iraker sowie drei Personen unbekannter Staatsangehörigkeit.

Das gleiche Gericht hatte tags zuvor sieben Schauspieler, Liedermacher und Dichter zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Ihnen wurde zur Last gelegt, während der irakischen Besatzungszeit Lobeshymnen auf Iraks Staatschef Saddam Hussein verfaßt oder in der Öffentlichkeit vorgetragen zu haben. Vier weitere Künstler wurden als Kollaborateure mit der Besatzungsmacht und Beteiligte an deren Propaganda zu Freiheitsstrafen bis zu 15 Jahren verurteilt.

Von den zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten ist am bekanntesten die 42jährige Irakerin Sanuba Abdul Kuder Aschur, die im kuwaitischen Fernsehen auftrat. Zu dem Vorwurf, sie habe den irakischen Präsidenten Saddam Hussein mit Gesangsdarbietungen gefeiert und sei einem irakischen Künstlerverband beigetreten, hatte sie während des Verfahrens geäußert, sie hätte andernfalls um ihr Leben fürchten müssen. Kuwaitische Rechtsanwälte und internationale Menschenrechtsorganisationen haben wiederholt dagegen protestiert, daß es in den seit zwei Monaten in Kuwait laufenden Prozessen an Beweismitteln fehlt. Eine Berufung gegen die Urteile ist nicht zugelassen. Der Kriegsrechtsverwalter, Kronprinz Saad el- Abdullah el-Sabah, muß jedoch unter Hinzuziehung von drei Richtern des Appellationsgerichts alle verhängten Urteile bestätigen.

Kuwait will nach den Worten seines Botschafters in Washington die meisten der rund 150.000 in dem Emirat lebenden Palästinenser loswerden. Vor der irakischen Invasion hatten in Kuwait etwa 400.000 Palästinenser gelebt. In einem Interview mit der israelischen Wochenzeitung 'Jerusalem Report‘ erklärte Botschafter Al Sabah, man werde die Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis der Palästinenser nicht verlängern, mit Ausnahme einiger weniger, „die gut sind und die wir gebrauchen können“. Der Botschafter räumte ein, daß sich einige sogar am Widerstand gegen die Invasoren beteiligt hätten, sie würden aber dadurch belastet, daß die PLO für den Irak Partei ergriffen habe.

Al Sabah wies die Kritik amerikanischer Parlamentarier an der geplanten Ausweisung der Palästinenser zurück. „Ich sage unseren Freunden auf dem Kapitol: Warum nehmt ihr sie nicht? Wenn ihr so besorgt wegen der Menschenrechte seid, werden wir mehr als glücklich sein, sie kostenlos per Luftbrücke zu euch zu schaffen, und ihr könnt sie dann einbürgern.“

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