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Die neue deutsche Enthaltsamkeit

■ Wenig Sonne, Sand und Strand für Ostpolitiker/ Weiterbildung und Hausbau gehen vor

Potsdam. Fleiß geht vor Ausruhen, meinen die brandenburgischen Politiker Stolpe, Wolf und Diestel. Ministerpräsident, Verkehrsminister und Oppositionschef bleiben zu Hause. Unglaubwürdig bescheiden wie sie sind, denken sie allenfalls über „zwei Tage Ostseeküste“ (Stolpe) nach oder träumen vom Angeln in Mecklenburg-Vorpommern (Diestel). Ehrlicher dagegen Kollege Wolf, der frühere Potsdamer Bezirksbevollmächtigte. Sein Teint bleibt vornehm bleich. Er muß noch fünf Milliarden Mäuse ausgeben. Dies geht freilich nicht mit Monte-Carlo- gebräuntem Gesicht. Er weiß wovon er spricht: „Im April war ich eine Woche im Urlaub und kam so braungebrannt zurück, daß mich alle schief ansahen.“ So ist das. Wer das Geld hat — trägt das Bräunungsrisiko.

Klein-klein auch Staatskanzleichef Jürgen Linde, Mathias Platzeck (Umwelt) und Landtags—Vize Kretschmer. Wandern, Radfahren und Helfen im elterlichen Garten stehen bei den dreien auf dem Programm. In der Bescheidenheit der Nachkriegsjahre übt sich auch Finanzminister Klaus-Dieter Kühbacher. Körperliche Ertüchtigung sucht er beim Aus- und Einräumen des heimischen Schlafzimmers: „Wir können den Malern und Handwerkern ja nicht den Transport der Wäsche überlassen.“ So, so.

Einem interessanten Männer- Urlaubsschicksal sieht FDP-Fraktionsvorsitzender Rainer Siebert entgegen. Der Gute ist deprimiert. Fällt doch der geplante Dänemark- Urlaub im Juli aus, weil die Ehefrau zur beruflichen Weiterbildung ins bayerische Passau muß. „So sitze ich mit unseren drei Kindern zu Hause und pflege den Garten“, seufzte er. Wenn Mami nicht da ist, bleibt nicht nur die Küche kalt?

„Zu mir zurückreisen, statt wegreisen“, will Bildungsministerin Marianne Birthler (Bündnis 90). Zwei Wochen lang verbringt sie in einem „alternativen Gesundheitszentrum“. Dann reist die Ministerin eine Woche durch ganz Deutschland und zeigt allen Freunden und Verwandten ihre Urlaubsbildchen von der Reise ins Innere. Na denn, fröhliche Fahrt und gute Erholung. roga/dpa

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