Katharina Vater: Anpacken, wo es nottut

Katharina Vater ist ehrenamtliche Demosanitäterin. Polizeigewalt kennt sie von Nahem.

Kann anpacken, wo es nottut: Katharina Vater Bild: privat

Von STEFAN HUNGLINGER

Katharina Vater aus Waiblingen packt an, wo Menschen erste Hilfe brauchen – seit 2016 als ehrenamtliche Demosanitäterin in der Sanitätsgruppe Süd-West. Auch bei den Demos in Ingelheim war die Gruppe präsent, bei denen es am am vergangenen Samstag zu einem brachialen Polizeikessel kam. „Da waren Panikattacken zu sehen“, sagt die 37-Jährige am Telefon. „Mich erinnerte das sehr an das Love-Parade-Szenario, mit dem Unterschied, dass das von der Polizei bewusst herbei geführt wurde.“

Schon während ihrer Schulzeit in Stockach am Bodensee lernte Vater erste Hilfe zu leisten und engagierte sich als Schulsanitäterin. Beim Malteser-Hilfsdienst machte sie eine Lehre. Dann, bei einer Gegendemonstration zu einer „Demo für alle“ in Stuttgart wurde die trans Frau zur Demosani.

Privat sei sie damals gegen den antifeministischen, antiqueeren Aufmarsch auf die Straße gegangen. „Ich kam dann zu einer Situation, bei der die Cops in eine friedliche Sitzblockade rein sind“, erinnert sie sich. „Ein Sani musste anschließend allein 60 Patient*innen mit Pfeffersprayschäden versorgen. Da habe ich meiner Partnerin meine Handtasche in die Hand gedrückt und ihn gefragt: ‚Ich bin Einsatzsanitäterin, was kann ich tun?‘“.

Heute sitzt Katharina Vater im Vorstand der Demosanitäter Süd-West. Etwa 20 Medizinstudierende, Pflegekräfte und Rettungssanitäter*innen sind in dem Verein aktiv und begleiten in ihrer Freizeit Demos, bei denen es Verletze geben könnte. Auch Notfallseelsorge und Krisenintervention kann die Gruppe der Vorständin zufolge. Vater selbst möchte noch soziale Arbeit studieren, um auch psychosoziale Notfallversorgung leisten zu können.

„Wir helfen im Notfall auch denen, die gegen uns sind.“

Durchaus gäbe es manchmal Diskussionen, welche Demos begleitet werden sollen. Dabei seien aber mehr die beschränkten Kapazitäten, als inhaltliche Fragen entscheidend, sagt Vater. „Wir sind natürlich eher links ausgerichtet, aber wir helfen jedem Menschen, der Hilfe benötigt. Im Notfall auch denen, die gegen uns sind, die gegen mich als trans Frau sind.“ Mit autonomen Protest-Sanitäter*innen gäbe es Austausch, aber auch manchmal Missverständnisse. Ihre Arbeit sieht Vater auch im Kontext von Demosani-Gruppen weltweit. Konkret gab es schon eine Zusammenarbeit mit französischen Kolleg*innen.

„100 Prozent Mensch: Liebe, Recht, Respekt“ heißt das Stuttgarter Toleranz-Projekt, in dem Katharina Vater zusätzlich tätig ist. Die Motivation dafür ist die gleiche, wie bei den Demo-Einsätzen, auch denen, die kommendes Wochenende anstehen. „Es hat etwas mit Menschlichkeit zu tun. Ich muss oft erleben, wie meine Partnerin, die Halbasiatin ist, diskriminiert wird. Auch bei der Klimaerwärmung und bei Fragen von atomarer Rüstung denke ich: Wir haben nur eine Welt, wir brauchen eine gemeinsame Lösung.“

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