: Deutsche Einheit auch für Rentner
■ Bundestag beschließt einheitliches Rentenrecht/ Trotzdem weniger Geld für Ost-Rentner/ Bundesrat billigt Kompromisse: Steuererhöhungen treten in Kraft/ Weiter Streit um Rüstungsexportgesetz
Bonn (ap/dpa) — In Deutschland wird ab dem 1. Januar 1992 ein einheitliches Rentenrecht gelten. Der Bundestag verabschiedete gestern ein Überleitungsgesetz, mit dem das westdeutsche Rentenrecht auf die neuen Bundesländer übernommen wird. Allerdings gelten Übergangsbestimmungen, die eine weitgehende Besitzstandswahrung für bereits laufende Renten in der ehemaligen DDR bedeuten. Dem Gesetz muß der Bundesrat noch zustimmen. Einer der Hauptstreitpunkte war der Umgang mit den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen in der DDR, aus denen Renten für Wissenschaftler und Lehrer, aber auch für Partei- und Staatsfunktionäre und für Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes gezahlt wurden. Diese Renten sollten nach dem Entwurf der Koalition generell gekürzt und bei Verstößen gegen die Menschlichkeit ganz gestrichen werden.
Die SPD setzte durch, daß die Kappung nur noch für Personen mit leitender Funktion im Staatsapparat einschließlich Polizei und Armee sowie gesellschaftlichen Organisationen gilt. Empört äußerten sich ostdeutsche Abgeordnete darüber, daß die Stasi-Renten von 600 auf 800 Mark steigen sollen.
Die Steuererhöhungen können zum 1. Juli in Kraft treten. Der Bundesrat billigte am Freitag nach kurzer Beratung abschließend die Ergebnisse des Vermittlungsausschusses zum Solidaritäts-, Steueränderungs- und Haushaltsbegleitgesetz 1991. Damit treten die Einführung des 7,5prozentigen Zuschlags auf die Lohn- und Einkommensteuer sowie die Erhöhung von Mineralöl- und Versicherungssteuer zum 1. Juli in Kraft. Das im Vermittlungsausschuß veränderte Steueränderungsgesetz sieht vor, daß in den neuen Bundesländern wie in den alten grundsätzlich Steuerpflicht auf Betriebsvermögen und Gewerbekapital besteht.
Bundesregierung und SPD-Ländermehrheit streiten weiter über die von der Bonner Koalition verlangte Befugnis für das Zollkriminalinstitut (ZKI), bei Verdacht auf eine Straftat wegen Rüstungsexporten Telefone abzuhören und Briefe zu öffnen. Die SPD-Ländermehrheit machte am Freitag im Bundesrat deutlich, daß sie diese Ermächtigung weiterhin ablehnen wird. Zum Vorhaben der Bundesregierung, am kommenden Mittwoch einen neuen Gesetzgebungsgang ohne Zustimmungspflicht des Bundesrates einzuleiten, sagte der saarländische Justizminister Arno Walter (SPD), dies sei ein „unfreundlicher Akt“, der sich nicht auszahlen dürfe.
Die SPD-geführten Bundesländer streben weiterhin eine Volksabstimmung über den künftigen Parlaments- und Regierungssitz an. Einen Tag nach der Entscheidung des Bundestages für Berlin überwies der Bundesrat eine Gesetzesinitiative der SPD-Länder für einen Volksentscheid an die Ausschüsse.
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