Uni will keine Rüstungsforscher

■ Das „Fraunhofer-Institut“ will sich „zivilisieren“ / Uni stellt Bedingungen

Wenn den Sprecher des Bremer Fraunhofer Instituts eines kränkt, dann ist das der Vorwurf, bei ihm und seinen Kollegen handle es sich um „kalte Krieger“. Uwe Echterhoff: „Das sind nur Vorbehalte. Die sollen auf uns zugehen, wir tun das auch.“ Mit „die“ meint er die Bremer Universität und ihre MitarbeiterInnen, die sich mit dem Fraunhofer-Institut sehr schwer täten. „Drücken Sie uns die Daumen“, bat Echterhoff die taz-Reporterin: „Bei der Uni haben wir noch keine guten Schuhe.“

Am Mittwoch steht die geplante Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut auf der Tagesordnung des Akademischen Senats der Universität. Die Krux: Die Bremer Universität hat vor zwei Jahren beschlossen, daß in ihr keine Rüstungsforschung stattfinden soll. Das Fraunhofer- Institut in Bremen-Lesum forscht dagegen gegenwärtig noch zu 65 Prozent „für den Verteidiger“, sprich: bekommt seine Forschungsförderung überwiegend aus dem Bonner Rüstungshaushalt. Spezialgebiet der 130 MitarbeiterInnen: „Werkstoffe für den Panzerschutz und die Panzerabwehr.“ Absprachen zwischen dem Bildungssenator und der Fraunhofer-Gesellschaft aus dem vergangenen Oktober sehen vor, daß die Abhängigkeit von der Rüstungsforschung binnen fünf Jahren rapide abgebaut werden soll, statt mit dem „Verteidiger“, soll das Lesumer „Fraunhofer Institut für Materialforschung“ (IFAM) dann mit „innovativen bremischen Unternehmen“ kooperieren. Der Bildungssenator hat Fraunhofer Zuschüsse von rund 50 Millionen Mark zugesagt für den „Umwandlungsprozeß“ und für den geplanten Instituts-Neubau auf dem Uni-Campus. Versprochen hat der Senator auch Professen-Stellen für Instituts- Leiter.

Prof. Dr.-Ing. Hans-Dieter Kunze, der Institus-Direktor, möchte auch gerne ab Wintersemester Vorlesungen an der Uni halten, ein Lehrstuhl für ihn hat sich aber noch nicht gefunden. Vergeblich ist er seit Monaten mit immerhin drei Fachbereichen in Verhandlung. Sein Sprecher Uwe Echterhoff: „Der Studiengang Physik hat Prof. Kunze indirekt zu verstehen gegeben: 'Zu uns paßt der nicht, den nehmen wir nicht.'“ Und im Fachbereich Produktionstechnik sei es sehr schwierig, „die richtige Nische für Herrn Kunze zu finden“.

Die Fraunhofer-Gesellschaft hat der Bremer Universität einen Standardvertrag vorgelegt für eine Kooperation. Da Rektor Jürgen Timm davon ausgeht, daß der Entwurf am Mittwoch in dem Bremer Uni-Gremium keine Mehrheit findet, formulierte Rektor Timm in einer Beschlußvorlage Bedingungen für eine bremische Kooperation: Leitende Mitarbeiter des Fraunhofer-Instituts, die an der Universität Lehrstühle besetzen wollten, müßten „sich selbst verpflichten zu ziviler Forschung und Lehre“. Außerdem solle die Kooperation auf fünf Jahre begrenzt werden, und jährlich müsse das Bremer Fraunhofer-Institut dem Akademischen Senat berichten über seine wissenschaftliche Entwicklung und den Stand der Konversion. Ähnlich scharfe Bedingungen hatte zuvor die „Evangelische Studentengemeinde“ (ESG) zu Papier gebracht. Die ESG hatte sich von dem Berliner Friedensforscher Dr. Peter Lock in einer Veranstaltung von der These überzeugen lassen: Wer an einer Kontrolle der Rüstungsforschung interessiert sei, „müsse für die Hereinnahme von Rüstungsforschung in den Universitätskontext eintreten“.

Ein Konflikt zeichnet sich ab, denn Instituts-Sprecher Echterhoff gab am Freitag zu bedenken, sein Institut könne sich nicht völlig von Aufträgen des Verteidigungsministeriums distanzieren: „Wir rechnen damit, daß wir in Zukunft 0 — 10 Prozent für den Verteidiger arbeiten. Herr Prof. Kunze kann solche Aufträge nicht ablehnen.“ Für die Sprecherin der Universität, Winnie Abraham, ist es hingegen ausgeschlossen, daß eines der Institute auf dem Uni-Campus direkt für das Verteidigungsministerium forscht. Abraham: „Das Fraunhofer-Institut muß nachweisen, daß es sich auf Null Prozent entwickelt.“ Barbara Debus