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"...und dazu braucht es Sonne, Sonne, Sonne"-betr.: "Eis ist Zivilisation" ("Unter Null": Zu einer Ausstellung über Kälte, Kunst-Eis und Kultur), taz vom 19.6.91

betr.: „Eis ist Zivilisation“ („Unter Null“: Zu einer Ausstellung über Kälte, Kunst-Eis und Kultur), taz vom 19.6.91

„Industriekultur“ (wenn auch ein Substantiv) ist eine „Contradictio in Adjecto“. Über „Zivilisation“ ließe sich ja noch streiten.

Im übrigen müßte doch hinlänglich bekannt sein, daß die sogenannten „Wiegen“ der Kultur im Mittelmeerraum lagen (die alten Griechen konnten zwar Eis vom Taygetos holen, um damit ihre Weinkühl-Vasen zu füllen, ihre „Kultur“ verdanken sie jedoch Sonne, Olivenbäumen und Wein): kann sich jemand mit nur ein wenigstes Maß an Bildung vorstellen, daß die Homerschen Hexameter über schöne Frauen, Götter/Göttinnen, Heroen und Amazonen zwischen Eis, Schnee und Schlamm entstanden wären? Wo waren denn unsere germanischen Altvorderen? Zwar haben sie in dem „klassischen Morast, den uns Tacitus beschrieb“, den Varus besiegt, aber es ist noch nicht einmal klar, ob sie damals schon eine Schrift hatten. Und lange vor den Griechen, bitteschön, Ägypten, Mesopotanien, Azteken, Indien etc., alles keine Länder der Kälte.

Also, wir wissen schon, warum uns so ein Unsommer nach einem saukalten Winter frustriert und warum wir nach Säulen, Tempeln, Kultur in den wärmeren Teilen dieser Welt streben. Und angenehmer ist es, den Wein warm zu trinken, als im Klten zu sitzen.

Es gibt Kultur, die — auch immer noch für uns heute — relevanter ist, als „Eis am Stiel“ und „Kühlschrank“. Und wenn schon Stil — dann Oliven, Knoblauch, Wein und Olivenöl, und dazu braucht es Sonne, Sonne, Sonne, und ohne dies Konglomerat können auch keine Marmorbilder, keine faunisch hingeworfenen Aquarellskizzen, keine Verse und vor allen Dingen keine Erotik entstehen! Johanna Scheibenpflug,

Frankfurt am Main

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