: Müllberge
■ Worldwatch-Studie über die Übel der Umweltzerstörung
Die Müllberge wachsen. Müllverbrennungsanlagen vergiften uns. Recycling wird nur halbherzig betrieben. Überall laufen erbitterte Kontroversen um den Müll unserer Wegwerfgesellschaften. Unser Müll mag zwar häßlich anzusehen und reichlich vorhanden sein, so ein Bericht des Worldwatch-Instituts , doch die Müllberge sind nur ein Symptom einer tiefergehenden Krankheit. An der Wurzel des Übels sitzt unser verschwenderischer Umgang mit natürlichen Rohstoffen.
Die Rohstoffgewinnung und deren Umwandlung zu Metallen, Plastik und Papier sind weltweit für weit mehr Umweltzerstörung verantwortlich als die Entsorgung dieser Stoffe, nachdem sie auf dem Müll gelandet sind. Jedes Jahr werden dabei Millionen Hektar Land zerstört und Milliarden Tonnen Abfall produziert. Nur das Herstellen und der Verbrauch von Energie sind für mehr Luft- und Wasserverschmutzung verantwortlich, wobei ein großer Teil der Energie sowieso in die Rohstoffgewinnung fließt.
Der unersättliche Rohstoffhunger der Industrienationen hat sich erst im Laufe der letzten Jahrzehnte voll entwickelt. Allein die USA haben zwischen 1940 und 1976 mehr Mineralien verbraucht als die gesamte Menschheit bis 1940. Die Japaner verbrauchen neunmal soviel Stahl wie die Chinesen, die Vereinigten Staaten zwölfmal soviel Papier wie die Lateinamerikaner.
Trotzdem ist laut Worldwatch nicht die Verknappung der Rohstoffe, sondern die mit ihrer Gewinnung und Verarbeitung entstehende Umweltzerstörung unser größtes Problem. Beispielsweise bedecken in den USA stillgelegte und noch laufende Kohle- und Metallbergwerke eine Fläche so groß wie Ungarn. Allein die Förderung von Metallen erzeugt siebenmal soviel Müll wie alle US-Haushalte zusammen.
Wenn wir also „recyceln“, um unsere Müllberge zu reduzieren, zäumen wir das Pferd von hinten auf. Wichtiger ist, daß wir auf diese Weise unseren Rohstoffbedarf vermindern. Das könnte laut Worldwatch gezielter erreicht werden, indem nicht wie bisher das Gewinnen neuer Rohstoffe steuerlich begünstigt wird, sondern deren Wiederverwenden. So fördert der Bundesstaat Florida die Verwendung von Umweltpapier durch eine Besteuerung von Neupapier.
Nicht Rohstoffsparen sondern die Müllentsorgung bleibt zur Zeit jedoch das wichtigste Anliegen der meisten Industrienationen. In den USA wird in den nächsten fünf Jahren zehnmal soviel Geld in Müllverbrennungsanlagen anstatt in Müllvermeidungsprogramme fließen. Kein Wunder also, daß die Müllberge weiter wachsen. Von 1980 bis 1985 stieg die Müllproduktion in Spanien um 28, in Frankreich um fünf und in den USA um drei Prozent. Die Japaner allerdings warfen im gleichen Zeitraum drei Prozent weniger Müll weg. Und, einsame Spitze, die Deutschen (West) verminderten ihren Müllberg sogar um neun Prozent. Silvia Sanides
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen