: Thüringer Sparkassen wollen sich dringend westen
Fusion mit dem Hessischen Sparkassenverband steht nach Angaben der FDP kurz vor der Realisierung/ Austritt aus dem Modrow-Verbund kein Problem ■ Von K.-P. Klingelschmitt
Frankfurt/Main (taz) — Die thüringischen Sparkassen scheren wahrscheinlich schon bald aus dem Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband (OSGV) aus. Eine Fusion mit den Schwesterinstituten in Hessen steht „kurz vor der Realisierung“. Das jedenfalls sagten jetzt die Vertreter der thüringischen und der hessischen FDP, die sich selbst als „Väter des Fusionsgedankens“ bezeichnen, in Frankfurt/Main. Die bereits „in Arbeit“ befindlichen Staatsverträge, so die FDP-Abgeordneten Andreas Kniepert (Thüringen) und Dirk Pfeil (Hessen), müßten jetzt nur noch von den Landesparlamenten in Erfurt und Wiesbaden verabschiedet werden. Die Sparkassen der Bundesländer Hessen und Thüringen wären dann zum Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen vereint, mit gemeinsamer Landesbank und Landesbausparkasse, der öffentlichen Versicherungsanstalt Hessen-Nassau-Thüringen und der Brandversicherungsanstalt Hessen-Thüringen.
Der Thüringer Kniepert wertete das als Aufstieg „seiner“ Sparkassen „direkt in die Bundesliga“. In der zweiten Liga, dem OSGV, spielen dann wahrscheinlich nur noch die Bundesländer Sachsen, Brandenburg und vielleicht Sachsen-Anhalt mit, denn auch Mecklenburg-Vorpommern trägt sich mit Aufstiegsgedanken: Es zeichne sich auf dem Sparkassensektor eine Zusammenarbeit mit dem schleswig-holsteinischen Verband ab, so die FDP. Damit seien die Vorstellungen von Sparkassenpräsident Helmut Geiger, der einen aus den fünf neuen Bundesländern bestehenden gemeinsamen Sparkassenverbund favorisierte, obsolet geworden.
Der noch von der Regierung Modrow ins Leben gerufene OSGV sollte eigentlich schon zum 30. Juni sein kurzes Leben aushauchen. Doch Geiger, der bis dahin den Modrow- Verbund in einen gemeinsamen Sparkassen- und Giroverband für die fünf neuen Länder, die (Ost)-Deutsche Girozentrale (DGZ), überführen sollte, erbat einen dreimonatigen Aufschub. Geiger, so die Vorwürfe der Freidemokraten, habe bislang „nichts auf die Reihe gebracht“. Vor allem in Sachsen-Anhalt herrsche nach der Millionenpleite in Halle bei den Sparkassen des Landes „das nackte Chaos“.
Und in dieses Chaos wollten sich die Thüringer nicht hineinziehen lassen. Um die angestrebte Fusion mit Hessen rechtlich absichern und etwaige finanzielle Ansprüche des noch real existierenden OSGV abblocken zu können, hatte die FDP- Fraktion im thüringischen Landtag den renommierten Tübinger Juristen Günther Püttner mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, das die Partei jetzt vorstellte. Darin kommt Püttner zu dem Schluß, daß jedes Bundesland einzeln „und ohne Rücksicht auf die Regelungen in anderen Ländern“ selbst bestimmen könne, ob und in welcher Weise die Sparkassen und deren Träger künftig in einem öffentlich-rechtlichen Verband zusammengefaßt werden.
Und deshalb seien die thüringischen Sparkassen auch nicht regreßpflichtig gegenüber der OSGV- Nachfolgerin DGZ. Die OSGV beharrte bislang demgegenüber auf Ersatz für die verabredete Kapitaleinlage von 64 Millionen Mark. Diese Zahl, die nach Meinung der FDP-Politiker von Geiger als „Pressionsmittel“ gegen die abdriftenden Thüringer ins Spiel gebracht würde, wird von Püttner als „gegenstandslos“ erachtet. Spätestens seit der Wiedervereinigung hätten nämlich die ostdeutschen Sparkassen und die Deutsche Girozentrale keine Zuständigkeit mehr dafür gehabt, grundlegende sparkassenrechtliche Festlegungen — wie etwa die Schaffung einer Zentralbank — an den Ländern vorbei zu treffen.
Nach diesem Gutachten wäre also der Weg für eine Fusion der Sparkassen in Hessen und Thüringen frei. Mit Know-how-Transfer und umfangreichen Investitionen im Technikbereich hofft der hessische Sparkassen- und Giroverband „in einem halben Jahr“ die thüringischen Sparkassen auf Westniveau getrimmt zu haben — „vielleicht noch nicht von der Optik her, aber der Service wird funktionieren“, so Kniepert.
In den anderen ostdeutschen Ländern drohe dagegen der Niedergang der Sparkassen, weil sich die Geschäftsbanken vor allem in den Städten längst professionell arbeitend etabliert hätten, und deshalb immer mehr Kunden von der Sparkasse zu einer Bank wechseln würden.
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