: „Islamische Heilsfront“ uneins
■ Die Armee kontrolliert strategisch wichtige Punkte der algerischen Hauptstadt/ Erneut Tote und Verletzte bei jüngsten Auseinandersetzungen/ Einige FIS-Führer wollen Dialog mit der Regierung
Algier (afp) — Nach erneuten Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der „Islamischen Heilsfront“ FIS und algerischen Sicherheitskräften hat die Armee in der Nacht zum Mittwoch auf den wichtigsten Plätzen der Hauptstadt Algier mit Panzern Stellung bezogen. Kurz danach kam es in den Hochburgen der FIS zu heftigen Feuergefechten. Augenzeugen berichteten, bei den Schießereien würden automatische Waffen benutzt. Panzer stünden an allen Hauptverkehrskreuzungen. Es gab Tote und Verletzte. Offensichtlich konzentrierten sich die Auseinandersetzungen zwischen den Regierungskräften und den Anhängern der FIS auf die Viertel Bab El-Oued und Bachdjarrah, in denen die FIS als besonders stark gilt. In den übrigen Teilen Algiers patrouillierten Armee und Polizei die gesamte Nacht mit einem erheblichen Aufgebot. Tagsüber herrschte dann weitgehend Ruhe in der Stadt.
In dem Arbeiterviertel Bab el Oued waren die Unruhen in der Nacht zum Dienstag ausgebrochen, nachdem Ordnungsbeamte das Schild der „Islamischen Gemeinde“ vom Giebel des Rathauses entfernt hatten. Am Tag hatte sich die algerische Armee zunächst zurückgezogen. Seit dem Sieg der FIS bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr war der offizielle Slogan des Staates „Durch das Volk und für das Volk“ in zahlreichen Gemeinden durch islamische Parolen ersetzt worden. Erst am Montag waren die Bürgermeister der FIS aufgefordert worden, über den Eingängen der öffentlichen Gebäude wieder den offiziellen Slogan anzubringen. In Bachdjarrah übermalten fundamentalistische Demonstranten am Dienstag das offizielle Schild mit dem Spruch „Durch Gott und für Gott“.
In den Unruhevierteln wurden schwer bewaffnete Polizeieinheiten eingesetzt, um gegen die Verletzung der nächtlichen Ausgangssperre vorzugehen. Seit der Verhängung des Ausnahmezustandes am 5. Juni war die Ausgangssperre am Wochenende nur für die Dauer des dreitägigen islamischen Opferfestes am Wochenende aufgehoben worden. Am Montag verkündeten die Militärbehörden, daß das bislang über vier Departements verhängte Ausgangsverbot ab Dienstag auch für den Bezirk El- Oued an der tunesischen Grenze gelte.
Bei den Zusammenstößen am Dienstag kamen nach offiziellen Angaben zwei Menschen ums Leben, mindestens 20 sollen verletzt worden sein. Im algerischen Fernsehen griffen drei führende Mitglieder der Islamischen Heilsfront den FIS-Anführer Abassi Madani scharf an. Sie forderten die Anhänger der FIS auf, ihm nicht länger zu folgen und Ruhe zu bewahren. Madani sei „eine Gefahr für die FIS und die Moslems“. Es gelte, jetzt einen Dialog mit der Regierung zu führen, um „ein Blutbad unter den Moslems“ zu verhindern.
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