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„Hochtrabende Worthülsen“

■ “Schrecken aus der Trickkiste“, taz-bremen v. 19.6.91

Die Autorin hat leider nicht verstanden, daß sie das Stück im Ansatz schon erfaßt hat: Eine Auseinandersetzung mit „Totalitärem Terror“ ist in der Tat nicht unser Anliegen. Der „Schrecken Hitler“ wird banalisiert — in der Absicht, zu vermitteln: Es war eben nicht dieser eine Mann — es geht uns nicht darum, die „Schrecken eines totalitären Regimes“ aufzuzeigen — Theaterstücke zu diesem Thema gibt es zu Hauf — sondern darum, zu vermitteln: Es war und ist der Schrecken der breiten Anpassung, Zustimmung und Unterstützung. Es war und ist erst der eigene Hals, vor dem die Deutsche Folgsamkeit haltmacht.

Wie auch immer — man kann dieser unserer Arbeit bestimmt Schwächen vorwerfen: Seien es dramaturgische Schwächen, lange Umbauten, Unverständlichkeit — und bestimmt gibt es etliche Leute, denen das Ergebnis unserer Arbeit einfach nicht gefällt. Von einer Journalistin erwarte ich jedoch zumindest den Versuch eines Verständnisses und vor allem: Eine Begründung ihrer Meinung.

Stattdessen darf ich endlich am eigenen Leib erleben (wie gesagt, erst dann hört bei uns das Schweigen auf), was mir im Kulturteil der taz-Bremen schon lange zum Kotzen ist: Theaterkritik wird mißverstanden als breite Rotzspur und Aneinanderreihung leerer, wenn auch hochtrabender Worthülsen. Eine Auseinandersetzung, Einlassung, auf Inhalt, Anspruch, Umfeld, und in unserem Falle sogar schauspielerische Qualität findet nicht statt. Den „blutroten Sonnenuntergang“ über Walle als qualitativen Vergleich zu einem Stück über den Nationalsozialismus zu gebrauchen, disqualifiziert in meinen Augen die Kritikerin vollends.

Anja Herholz

Regieassistentin von „1945“

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