Ein Museum für das Neueste

■ Das Pariser Jeu de Paume hat umdekoriert

Zu Beginn gleich eine Ausnahme: Das „Jeu de Paume“ in den Pariser Tuilerien feiert seine Neueröffnung mit Arbeiten von Jean Dubuffet. Bilder aus den letzten zehn Schaffensjahren (1974 — 1984) von einem der wichtigsten französischen Künstler dieses Jahrhunderts — mit einer solchen Ausstellung ist die neue Nationalgalerie würdig, vom Staatspräsidenten persönlich eingeweiht zu werden. Alfred Pacquement, der Direktor des „Jeu de Paume“, will offenbar kein Risiko eingehen; bei Dubuffet sind ihm Interesse und Beifall eines breiten Publikums gewiß.

Nichts Neues also außer einem renovierten Gebäude? Pacquement widerspricht: In Zukunft will er Lücken füllen, „komplementäre“ Arbeit leisten, indem er nicht die Moderne, sondern ausschließlich zeitgenössische Kunst ausstellt. Das Jeu de Paume soll nicht wiederholen, was auch im Grand Palais, im Centre Pompidou und im städtischen Museum für Moderne Kunst gezeigt werden könnte, sondern die künstlerischen Tendenzen der Zeit unmittelbar widerspiegeln. Kulturminister Jack Lang vergleicht es „mit den Kunsthallen der germanischen Länder“.

Die Dubuffet-Ausstellung zum Museums- und Sommeranfang soll laut Pacquement überleiten von den Impressionisten, die hier bis 1986 zu sehen waren, zu den jungen Künstlern, die von Oktober an in der Nationalgalerie ausgestellt werden. Bevor Manet, Cézanne und Van Gogh ins Musée d'Orsay umzogen, war das Jeu de Paume ein Publikumsmagnet. Auch an Dubuffet dürften viele der Touristen Gefallen finden.

Sein eigentliches Konzept verwirklicht Pacquement erst ab Herbst: Auf dem Programm stehen der amerikanische Bildhauer Robert Gober, der damit erstmals in Frankreich zu sehen sein wird, der chilenische Videokünstler Raul Ruiz und der im eigenen Land praktisch unbekannte Pierre Dunoyer. Der französische Maler wird von keiner Galerie vertreten und hat seit Jahren nicht mehr ausgestellt. „Wir stellen einen Künstler aus, weil die Zeit gekommen ist, ihn zu zeigen und er eine bedeutende Arbeit abgeschlossen hat“, erklärte Pacquement in der Zeitschrift ‘art press‘. Er wolle eine eigene „Tonart Jeu de Paume“ anschlagen, die auf Entdeckungen neugierig mache. Das Renommé des Jeu de Paume werde dazu beitragen, daß auch Künstler, die nicht vom Kunstmarkt getragen werden, ein Publikum finden, hofft der Direktor: „Selbst wenn ich die Situation etwas idealisiere, ich glaube daran.“

Die Waschbecken von Robert Gober oder die Portraits der Fotokünstlerin Suzanne Laffont dürften einen erheblichen Kontrast bilden zur Außenwelt des Jeu de Paume: Das Museum ist eingekreist von der Pariser Postkartenwelt. Beim Umbau des Gebäudes aus dem Jahr 1878 ist es dem Architekten Antoine Stinco gelungen, die Lage und den Zweck des Museums in Einklang zu bringen. Die zweigeschossige Eingangshalle öffnete er nach drei Seiten; die Fenster reichen bis unter das Dach, so daß der Besucher langsam von der Place de la Concorde und den Tuilerien in das Gebäude hineingerät.

In den Ausstellungsräumen ließ Stinco die seitlichen Bögen jedoch zumauern, um allein den Kunstwerken Geltung zu verschaffen. Nur einmal konnte er es sich nicht verkneifen, „den Eiffelturm zu rahmen“: Wo eine große Leinwand hängen könnte, läßt ein Fenster den Blick frei auf die Tuilerien, den Obelisken und eine goldene Kuppel auf der anderen Seite der Seine. Bettina Kaps

Galerie Nationale du Jeu de Paume, 20, rue Royale, 75008 Paris. Bis zum 22. September: Jean Dubuffet, Die letzten Jahre

2.Juli bis 1.September: Samuel Beckett, Filme und Stücke für das Fernsehen