: Befriedung nach saarländischem Vorbild
■ Beschäftigungsgesellschaften wurden zum ersten Mal Mitte der 80er Jahre erprobt
Bonn (dpa/taz) — Hunderttausende von Arbeitnehmern, die in den neuen Ländern von Entlassung bedroht sind, erhoffen sich von Beschäftigungsgesellschaften die Rettung. Mittelständische Wirtschaftspolitiker und Handwerksfunktionäre sehen darin jedoch Gefahren für den Aufbau einer gesunden Wirtschaftsstruktur in Ostdeutschland. Sie befürchten, diese Gesellschaften würden kleinen und mittleren Betrieben die dringend benötigten Aufträge und die in einigen Branchen schon knappen Fachkräfte wegschnappen.
Dennoch befürworten die großen Parteien, die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände die befristete Einrichtung vieler solcher Gesellschaften. Die SPD kalkuliert, daß dadurch über eine Million Menschen in Ostdeutschland vor der Arbeitslosigkeit und — noch wichtiger — vor einer Radikalisierung bewahrt werden.
Vorbild für die bislang mehr als 200 ostdeutschen Beschäftigungsgesellschaften ist das Saarland. Mitte der 80er Jahre geriet dort die Stahlindustrie in die Krise. Um pro Jahr 380 Millionen Mark an Personalkosten zu sparen, sollten von 12.000 Beschäftigten 3.800 ihre Stellen verlieren. 2.000 der plötzlich Arbeitslosen — fast alle über 40 Jahre — konnten nicht über Sozialpläne abgesichert werden.
Für sie wurde in ihrem alten Betrieb eine Beschäftigungsgesellschaft gegründet. Der Lohn betrug 86 Prozent des vorherigen Nettoeinkommens. Dazu wurde die Unterstützung des Arbeitsamts aus Stiftungsmitteln aufgestockt: Das Unternehmen überschrieb die Erlöse aus Wohnungsbauten, die von der Entlassung verschonten 9.000 Beschäftigten zahlten monatlich Beiträge von mindestens fünf Mark an den Stiftungsverein. Das Land wollte den geschätzten Rest von 75 Millionen Mark aufbringen, brauchte aber letztlich nur 30 Millionen Mark zuzuschießen.
Ende dieses Jahres stellt die Beschäftigungsgesellschaft ihre Tätigkeit ein: Die Hälfte der Arbeitslosen hat wieder einen regulären Arbeitsplatz, die anderen gehen in den vorzeitigen Ruhestand. RaSo
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