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Beiruts Armee rückt in Südlibanon ein

■ Libanesische Truppen umzingeln PLO-Stellungen/ Präsident Hrawi will das ganze Land regieren

Sidon (ap/afp) — Libanesische Regierungstruppen sind gestern in den Süden des Landes vorgerückt, um die Kontrolle auch in den von der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) beherrschten Gebieten zu übernehmen. Am Morgen war die libanesische Armee in Sidon (Saida) eingerückt. Die Stadt war seit dem Teilabzug der Israelis sechs Jahre lang von der Nasserischen Volksorganisation (OPN) kontrolliert worden.

Die in den Flüchtlingslagern und rund um die Hafenstädte Sidon und Tyrus stationierten 6.000 Kämpfer der PLO wurden nach dem libanesischen Einmarsch in Alarmbereitschaft versetzt. Ein libanesischer Oberst sagte, die Armee wolle in einer ersten Phase die Kontrolle nur in den um die PLO-Stützpunkte gelegenen Gebieten übernehmen. Die PLO erklärte dazu, sie werde keinen Widerstand leisten, solange die Truppen nicht versuchten, die Stützpunkte zu übernehmen. Der Sicherheitschef der PLO in Südlibanon, Kamal Medhat, hatte am Sonntag erklärt, die PLO-Führung habe beschlossen, die Lager zu verteidigen. Nach Angaben von PLO-Vertreter Seid Wehbe ist die PLO nicht grundsätzlich gegen die Anwesenheit der libanesischen Armee in der Region. Seine Leute würden jedoch ihre Stellungen östlich von Sidon nicht aufgeben und ihre Waffen nicht abgeben, da sie die Palästinenserlager schützen müßten. Der libanesische Präsident Elias Hrawi richtete im Rundfunk eine Warnung an die PLO: „Die Armee wird nicht zusehen, wenn ihre Mission blockiert wird. Wir werden keiner Miliz oder fremden Armee erlauben, weiterhin Einfluß in Libanon auszuüben.“ Die Lager in der Umgebung von Sidon und Tyrus gelten als Ausgangspunkte für Guerillaangriffe auf Israel.

Schiitische Freischärler hinderten die libanesische Armee daran, in Richtung Kfarfalus weiter vorzurücken. Dort stehen sich seit 1985 libanesisch-palästinensische Milizen und die proisraelische Südlibanesische Armee (SLA) gegenüber. Ein weiterer Konvoi wurde auf einer anderen Straße in Richtung Kfarfalus von palästinensischen Kämpfern Abu Nidals aufgehalten.

Der Vorstoß der Armee ist Teil der Bemühungen des Präsidenten Hrawi, nach 16 Jahren Bürgerkrieg die Regierungsgewalt wieder auf ganz Libanon auszudehnen. Zuvor war es ihm gelungen, die Milizen in und um Beirut zu entwaffnen.

Hrawi hofft, mit der Ausdehnung der Regierungsgewalt auf Südlibanon auch den politischen Druck auf die Regierung in Jerusalem erhöhen zu können, damit sich Israel aus dem seit 1978 besetzten und zur Sicherheitszone erklärten Gebiet nördlich seiner Grenze zurückzieht.

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