: Amüsierstauraum Friedrichstraße
■ Jetzt will der Hamburger Musical-Unternehmer Friedrich Kurz gegenüber vom Metropol-Theater einen Hotel- und Theaterkomplex bauen/ Regierender Bürgermeister will Angebot prüfen lassen — Kulturverwaltung findet es unseriös
Berlin. Das kann ja heiter werden: sechs Amüsiertheater auf zweihundert Metern laufender Friedrichstraße. Denn unmittelbar neben Metropol-Theater und Friedrichstadtpalast will dort nun auch der umstrittene Hamburger Musical-Unternehmer Friedrich Kurz das zahlende Volk vergnügen. Dieser lancierte am Montag abend, noch in diesem Jahr sei Baubeginn für einen »Hotelkomplex mit drei angeschlossenen Theatern für Musik und experimentelle Workshopkunst« — fortan schwieg und verschwand der Produzent des Phantoms der Oper. Auch seine Hamburger Firma Stella-Kulturmanagement wußte nur, daß er 400 bis 500 Mio. Mark investieren wolle.
Entsprechend groß war die Verwirrung in der Berliner Verwaltung: Das Senatspresseamt gab in Person von Klaus Haetzel die Parole aus: »Es liegt ein ernsthaftes Angebot vor, das ernsthaft geprüft wird.« Indessen der Kulturverwaltungssprecher Rainer E. Klemke: »Herr Kurz wird von uns nicht im entferntesten ermuntert. Wir prüfen nur seriöse Angebote.« Daß Kurz nicht seriös sei, könne man schon an der kurzfristigen Bauankündigung sehen. Er habe offenbar keine Ahnung von öffentlichem Baurecht, Planungs- und Genehmigungsverfahren oder von den meist ungeklärten Eigentumsverhältnissen.
Erst innerhalb der letzten Wochen hatte sich Kurz zweimal mit dem Regierenden Bürgermeister getroffen und diesem erkärt, er gedenke seinen »Mehrzweckbau« mit Galerien, Theatern, Geschäften und womöglich noch einer Radiostation jetzt nicht mehr — wie noch im März verkündet — am Potsdamer Platz hochzuziehen. Terrain der unternehmerischen Gier sei nunmehr das Grundstück unmittelbar gegenüber dem Metropol-Theater, direkt am Bahnhof Friedrichstraße, wo früher die Paßkontrolle war. Beim zweiten Mal hatte er gleich den Ex-Aufklärungsdramatiker und jetzigen Mißerfolgsdichter Rolf Hochhuth mitgebracht und als zukünftigen Autor vorgestellt. Dazu das Senatspresseamt: »Vielleicht kann das ja auch etwas Anspruchsvolles werden.« Diepgen habe Kurz aufgefordert, ein schriftliches Konzept einzureichen, das an die Fachverwaltungen für Wirtschaft, Finanzen, Bauwesen, Stadtplanung und Kultur weitergeleitet worden sei, aber wohl noch nicht vorliegt — außer bei der letzten.
Dort befürchtet man, daß bei einer Verwirklichung der Kurz-Pläne an der Friedrichstraße eine ungünstige Ballung eines ähnlich gearteten Kulturangebots entstünde. Gleichzeitig vermutet man in der Kulturverwaltung aber auch, es könne sich bei der Kurz-Ankündigung um einen taktischen Trick handeln: Vielleicht wolle Kurz mit seiner Drohung, in der Friedrichstraße gleich mehrere Theater zu errichten, den Preis für das derzeit zur Privatisierung stehende Metropol-Theater drücken. Dieses wollte er zuerst kostenlos vom Land Berlin haben. Aber auch was den Verkauf des Metropol- Theaters angehe, habe man, so Kultursenatorensprecher Klemke, »genügend seriöse Interessenten«. grr
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