: Waffenexportkontrolleure: Ein Lastwagen ist ein Fahrzeug...
■ Mercedes darf seine umstrittenen Sattelzüge frei nach Saudi-Arabien liefern
Stuttgart (ap/taz) — Tieflader sind Tieflader, als solche Fahrzeuge und unterliegen bei Export keiner Genehmigungspflicht. Und weil ihr Export nicht genehmigt werden muß, dürfen sie überall hin, auch in die Krisenregion Naher Osten, ausgeführt werden. Das Bundesamt für Wirtschaft hat jetzt der Stuttgarter Autofirma Mercedes ausdrücklich nicht verboten, 17 Sattelzugmaschinen nach Saudi-Arabien zu liefern. Das Geschäft war durch eine anonyme Anzeige in die Schlagzeilen geraten, in deren Zusammenhang die Daimler- Tochter in den Verdacht illegaler Rüstungsexporte geraten war.
Der 'Spiegel‘ hatte zudem berichtet, Mercedes habe im Juli 1990 insgesamt 26 Tieflader, die auch als mobile Abschußrampen für Scud-Raketen genutzt werden könnten, an den Irak geliefert. In einer Ende März veröffentlichten Stellungnahme hatte die Staatsanwaltschaft dagegen mitgeteilt, daß im Zuge der Ermittlungen bislang kein Beleg dafür gefunden worden sei, daß Daimler- Mitarbeiter an einer ungenehmigten Ausfuhr von Raketentransportern in den Irak beteiligt gewesen sein könnten. Merke: Lkw sind Fahrzeuge und unterliegen bei Export keiner Genehmigungspflicht — auch wenn Raketen von ihnen abgeschossen werden können.
In der Mitte März bekannt gewordenen anonymen Anzeige wurde behauptet, daß der Daimler-Konzern das Exportgeschäft mit den Saudi- Arabern illegal unter Umgehung der Gesetze getätigt habe. Der stellvertretende Mercedes-Vorstandsvorsitzende Helmut Werner, in dessen Zuständigkeitsbereich das Nutzfahrzeuggeschäft fällt, hatte die Vorwürfe am 15. März zurückgewiesen.
Werner hatte erklärt, daß die 17 schweren Fahrzeuge Ende 1990 vom Oberkommando der saudischen Armee, das damals der Führung der alliierten Streitkräfte im Golfkrieg zugeordnet war, bestellt worden waren. Nach dem Ende des Golfkriegs habe Mercedes beim Bundeswirtschaftsministerium angefragt, ob vor diesem Hintergrund eine förmliche Ausfuhrgenehmigung für die Sattelzugmaschinen erforderlich sei.
Daimler-Sprecher Matthias Kleinert wertete die Entscheidung des Bundesamts für Wirtschaft als klaren Beweis dafür, daß sich die Mercedes-Benz AG im Gegensatz zu den Behauptungen in der anonymen Anzeige uneingeschränkt im Rahmen der Ausfuhrbestimmungen bewegt habe. Saudi-Arabien bekommt also seine Fahrzeuge.
Entsprechend konnte Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP) auf seiner Arabienreise wohl auf Verständnis der Saudis für das Vorgehen der Bundesregierung gegen den arabischen Israel-Boykott vertrauen. Zahlreiche arabische Länder machen ausländischen Geschäftspartnern zur Bedingung, keine Wirtschaftsbeziehungen mit Israel zu unterhalten. Möllemann informierte seinen Kollegen Abalkhail über die Absicht Bonns, deutschen Firmen künftig derartige Verträge zu verbieten. Allerdings plane Bonn keinen Alleingang, sondern wolle dazu eine einheitliche Regelung in der Europäischen Gemeinschaft herbeiführen — und das dürfte eine Zeit lang dauern. Donata Riedel
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