: „Treuhand-Kompromiß reines Wunschdenken“
Berlin (taz) — IG Metall und SPD haben gestern den am Vortag gefundenen Kompromiß zur Beteiligung der Berliner Treuhand an Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften abgelehnt. Der stellvertretende IGM-Vorsitzende Klaus Zwickel kündigte an, die Gewerkschaft müsse jetzt Druck auf die Berliner Behörde ausüben und alle gesetzlich erlaubten Formen dafür nutzen. Es sei nicht auszuschließen, daß auch Betriebsbesetzungen stattfinden könnten. Die Erklärung der Treuhand, mit dem Kompromiß sei „Einvernehmen“ mit den Gewerkschaften erzielt worden, nannte Zwickel „reines Wunschdenken“.
Die Gewerkschaft fordert eine direkte Beteiligung der Treuhand-Betriebe an Qualifizierungs- und Beschäftigungsgesellschaften. Nur die Anbindung von Beschäftigungsgesellschaften an bestehende Produktionsbetriebe unmittelbar vor Ort könne praktische Erfolge bringen. Die im Kompromiß vorgeschlagenen Dachgesellschaften auf Länderebene, an denen sich die Treuhand beteiligen will, nannte Zwickel als „zusätzlichen Tummelplatz für Bürokraten, die von Produktionsbetrieben keine Ahnung haben“.
Der Hamburger IGM-Bezirksleiter nannte die Treuhand-Entscheidung gestern einen Skandal, der im Ergebnis auf eine Verschlechterung der bisher erzielten Übereinkommen in Mecklenburg-Vorpommern hinauslaufe. „Wer Wind säht, wird Sturm ernten“, heißt es in der Erklärung des IG-Metall-Bezirks Küste, der für den 5. Juli einen „nationalen Protesttag in Mecklenburg-Vorpommern ankündigte.
Die Treuhand hatte sich nach einem Gespräch mit Arbeitgebern und Gewerkschaften am Montag in Köln bereit erklärt, unter bestimmten Bedingungen eine zeitlich befristete Beteiligung von maximal zehn Prozent an landesweiten Dachgesellschaften für Beschäftigungsgesellschaften zu übernehmen. Diese Dachgesellschaften sollten Beratungs- und Dienstleistungsfunktionen für die Organisation von Beschäftigungsmaßnahmen übernehmen.
Auch der SPD-Sozialpolitiker Ottmar Schreiner nannte den Kompromiß unbefriedigend. Die vorgesehene Gründung von Dachgesellschaften sorge für weitere Zeitverzögerungen. Der Bundesregierung warf er vor, ihre Rechts- und Fachaufsicht über die Treuhand nicht wahrzunehmen. Die CDU-Arbeitnehmer dagegen bewerteten die Treuhand-Bereitschaft als „sehr positiv“. marke
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