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Zinsgerechtigkeit

■ Zum Urteil über die Besteuerung von Zinseinnahmen

Zinsgerechtigkeit Zum Urteil über die Besteuerung von Zinseinnahmen

Daß es den „gerechten“ Zins nicht gibt, war bei den Altvorderen ausgemachte Sache: Von Moses über Aristoteles bis Luther galt jede Art von Zins als „Wucher“, und der Zinsnehmer rangierte auf der öffentlichen Werteskala gleichauf mit „Straßenräubern und Mordbrennern“. Von diesem Image haben sich die alerten Banker unserer Tage erfolgreich befreit — und doch, noch heute ist ein Hauch jener alten Ahnung von der „teuflischen“ Ungerechtigkeit arbeitsfreien Zinseinkommens zu spüren: Der Staat droht nicht mehr mit Fegefeuer, aber er nimmt sich selbstverständlich das Recht, die zwielichtigen Zinseinnahmen zu besteuern, mit einem Spitzensatz von bis zu 53 Prozent. Allein, von den Ende der 80er Jahre von der Bundesbank geschätzten 2.500 Milliarden Mark Geldvermögen tauchten in den Steuerstatistiken der Finanzämter gerade mal ein Fünftel auf — der weitaus größte Teil privaten Geldvermögens und seiner Erträge blieb unversteuert, und dies nicht, weil er in Wäscheschränken oder Matratzen gebunkert war. Es oblag allein der Steuerehrlichkeit des Bürgers, die Zinsen und Renditen seiner Geldanlage anzugeben, eine Tugend, mit der es nicht allzuweit her war. Die Einführung einer Quellensteuer schien unumgänglich, doch die konservative Regierung hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht — die Kapitallobby erzwang einen neuen Finanzminister und die Abschaffung der Quellensteuer. Diese Klientelpolitik hat das Bundesverfassungsgericht jetzt scharf verurteilt: Bis zum 1. Januar 1993 muß der Gesetzgeber entweder durch Quellensteuer oder durch Kontrollmitteilungen der Banken an das Finanzamt eine gleichmäßige Zinsbesteuerung sicherstellen.

Dem Massensport Steuerhinterziehung soll also ein Riegel vorgeschoben werden. Massensport? Das angesichts des Karlsruher Urteils aufjaulende Bankengewerbe bemüht, wie die Leitartikler der 'FAZ‘, in der Tat jetzt die Masse der „kleinen Leute“, die unverschämterweise zum „Unterbringungsort Matratze“ (F. K. Fromme) zurückgezwungen würden. Genau um diese Kleinsparer aber geht es gerade nicht. Betroffen von dem Karlsruher Urteil sind nur jene etwa 100.000 Personen, die die Hälfte des gesamten privaten Geldvermögens in Deutschland kontrollieren — und das schärfste Interesse an sakrosankten Bankgeheimnissen haben. Bei großzügiger Gestaltung von Freibeträgen hätten 95 Prozent der Bevölkerung von automatischen Kontrollmitteilungen kaum etwas zu befürchten. Daß sich damit „Zinsgerechtigkeit“ herstellen läßt, ist, schon beim Barte unserer Kulturväter, schlechterdings unmöglich — das Urteil legt nur die Schwelle etwas höher: Es bedarf hinfort ein bißchen mehr krimineller Energie, um ohne Arbeit mit weißer Weste immer reicher zu werden. Patrick McCash Flow

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